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Aktenzeichen: 5 St RR 246/09
Gericht: OLG München
Datum: 07.09.2009
Schlüsselwort: Kein Betrug durch Verlangen einer überhöhten Vergütung von Werkleistungen
Normen: BGB § 631; BGB § 632 Abs. 2; StGB § 13 Abs. 1; StGB § 263 Abs. 1
Kurztext:
Das bloße Verlangen einer überhöhten Vergütung bei Werkleistungen (hier: das Schleifen von Scheren) enthält nicht zugleich die Behauptung der Angemessenheit oder Üblichkeit und stellt sich daher nicht als betrugsrelevante Täuschung dar. Dies gilt auch dann, wenn die bei Abnahme des Werks erstmals bezifferte Vergütungsforderung den gesetzlichen Vergütungsanspruch deutlich übersteigt. Eine Verpflichtung, darüber aufzuklären, dass die verlangte Vergütung diesen gesetzlichen Vergütungsanspruch überschreitet, besteht nicht.
Das bloße Verlangen einer überhöhten Vergütung bei Werkleistungen (hier: das Schleifen von Scheren) enthält nicht zugleich die Behauptung der Angemessenheit oder Üblichkeit und stellt sich daher nicht als betrugsrelevante Täuschung dar. Dies gilt auch dann, wenn die bei Abnahme des Werks erstmals bezifferte Vergütungsforderung den gesetzlichen Vergütungsanspruch deutlich übersteigt. Eine Verpflichtung, darüber aufzuklären, dass die verlangte Vergütung diesen gesetzlichen Vergütungsanspruch überschreitet, besteht nicht.
Das bloße Verlangen einer überhöhten Vergütung bei Werkleistungen enthält nicht zugleich die Behauptung der Angemessenheit oder Üblichkeit und stellt sich daher nicht als betrugsrelevante Täuschung dar. Dies gilt auch dann, wenn die bei Abnahme des Werks erstmals bezifferte Vergütungsforderung den Vergütungsanspruch nach § 632 Abs. 2 BGB deutlich übersteigt. Eine Verpflichtung, darüber aufzuklären, dass die verlangte Vergütung den Vergütungsanspruch nach § 632 Abs. 2 BGB überschreitet, besteht nicht.
5 St RR 246/09 07.09.2009
OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN
BESCHLUSS
I. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 25. März 2009 aufgehoben. Der Angeklagte wird freigesprochen.
II. Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten fallen der Staatskasse zur Last.
Gründe:
Das Amtsgericht hat den Angeklagten wegen Betrugs zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten verurteilt. Seine Berufung hat das Landgericht mit der Maßgabe verworfen, dass er zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen verurteilt wird. Die Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge Erfolg.
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts bot der Angeklagte, ein Scherenschleifer, der ehemaligen Schneiderin K. am 8.11.2007 seine Dienste an. Die Geschädigte K. ließ seit 35 Jahren Messer und Scheren von einer Scherenschleiferin schleifen und hatte deshalb eine „gewisse Vorstellung, was das Schleifen normalerweise kosten würde“. Ihre Frage, ob er der Nachfolger ihrer Scherenschleiferin sei, bejahte der Angeklagte. Sie übergab ihm vier Scheren und acht Messer zum Schleifen, ohne dass ein Preis für die durchzuführenden Arbeiten vereinbart wurde. Als der Angeklagte die Aktenzeichen: 5 St RR 246/09 geschliffenen Messer und Scheren zurückbrachte, verlangte er € 225. Er erhielt zunächst € 90 in bar, da die Geschädigte und ihr Lebensgefährte nicht über mehr Bargeld verfügten. Den Restbetrag sollte der Angeklagte vereinbarungsgemäß am nächsten Tag erhalten. Nachdem den beiden Geschädigten der Preis deutlich überhöht erschien, erkundigten sie sich bei ihrer früheren Scherenschleiferin und erhielten die Auskunft, es seien lediglich etwa € 50 angemessen. Eine weitere Zahlung erfolgte nicht. Auf eine polizeiliche Anfrage erteilte ein Messerschleifbetrieb die Auskunft, für die geleisteten Arbeiten sei ein Honorar von € 50 bis € 60 angemessen.
2. Die Auffassung des Landgerichts, der Angeklagte habe mit dem Verlangen nach einer überhöhten Vergütung einen Betrug begangen, hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.
a. Die Annahme eines Betrugs durch Abschluss eines Vertrages (Eingehungsbetrug) scheidet aus, da der Angeklagte durch sein Angebot, die ihm übergebenen Messer und Scheren zu schleifen, keine Täuschungshandlung begangen hat. Seine Erklärung hatte nur den Inhalt, dass er Scheren und Messer gegen Entgelt schleifen würde. Dieses Angebot hat die Geschädigte durch Übergabe der Werkzeuge angenommen und dadurch mit dem Angeklagten einen Werkvertrag (§ 631 BGB) abgeschlossen. Dem steht nicht entgegen, dass bei Vertragsabschluss nicht über die Höhe der Vergütung gesprochen worden ist. Nach § 632 Abs. 1 BGB gilt die Zahlung einer Vergütung für die Werkleistung als stillschweigend vereinbart, wenn die Herstellung des Werks den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist. Diese Voraussetzung ist hier erfüllt, so dass dem Angeklagten ein Vergütungsanspruch zustand, dessen Höhe § 632 Abs. 2 BGB festlegt. Nach dieser Vorschrift ist, wenn die Höhe der Vergütung nicht bestimmt ist, bei dem Bestehen einer Taxe die taxmäßige Vergütung, in Ermangelung einer Taxe die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen. Eine taxmäßige Vergütung setzt voraus, dass die werkvertraglich geschuldete Vergütung in einer Vergütungsordnung bzw. Gebührenordnung festgesetzt ist, die eine hoheitliche Preisfestsetzung enthält und die nicht ohnehin zwingend gilt (sog. Dispositivtaxen), also z.B. die Gebührenordnungen für Rechtsanwälte, Ärzte, Zahnärzte, Architekten, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer (Busche in MünchKomm-BGB 5. Aufl. 2009 § 632 Rdn. 21). Da es für Schleifleistungen keine Taxe und damit auch keine taxmäßige Vergütung gibt, ist die übliche Vergütung im Sinne von § 632 Abs. 2 BGB als vereinbart anzusehen, also die Vergütung, die zur Zeit des Vertragsschlusses nach allgemeiner Auffassung der beteiligten Kreise am Ort der Werkleistung gewährt zu werden pflegt (Sprau in Palandt BGB 68. Aufl. Rdn. 15 m.w.N.). Vergleichsmaßstab sind Leistungen gleicher Art, gleicher Güte und gleichen Umfangs. Die Anerkennung der Üblichkeit setzt gleiche Verhältnisse in zahlreichen Einzelfällen voraus (vgl. BGHZ 43, 154, 159 ). Die übliche Vergütung bewegt sich regelmäßig innerhalb einer bestimmten Bandbreite. Diese ist vorliegend bei etwa € 50 bis € 60 anzusetzen, so dass in dieser Höhe ein Vergütungsanspruch des Angeklagten bestand.
b. Nach den Urteilsfeststellungen hat der Angeklagte die Werkleistung ordnungsgemäß erbracht, so dass ihm ein Vergütungsanspruch nach Maßgabe des § 632 Abs. 2 BGB zusteht. Die in der Übergabe der Werkleistung liegende konkludente Erklärung, dass die vereinbarten Leistungen mängelfrei erbracht worden sind, ist nach den Urteilsfeststellungen zutreffend und daher keine Vorspiegelung einer falschen Tatsache. Ein Erfüllungsbetrug liegt insoweit daher nicht vor.
c. Die den gesetzlichen Vergütungsanspruch übersteigende Forderung des Angeklagten nach Zahlung einer Vergütung in Höhe von € 225 enthält keine ausdrückliche Täuschung, denn seine Erklärung hat nur den Inhalt, dass er für die durchgeführten Leistungen (nun) € 225 verlange.
Der Angeklagte hat mit dieser Forderung allerdings auch nicht konkludent vorgespiegelt, dass ihm tatsächlich ein Vergütungsanspruch in Höhe von € 225 zusteht.
Behauptungen über Rechte können dann Gegenstand einer Täuschungshandlung sein, soweit sie zugleich inzident Tatsachenbehauptungen enthalten ( BGHSt 46, 196, 198; Fischer, StGB 56. Aufl. § 263 Rdn. 8b m.w.N.). Die bloße (unzutreffende) Behauptung eines Vergütungsanspruches wäre deshalb allein nicht geeignet, eine Täuschungshandlung im Sinne des § 263 StGB zu begründen ( BGHSt 46, 196, 198 ). Insoweit käme allenfalls in Betracht, dem Zahlungsverlangen einen zusätzlichen tatsächlichen Aussagegehalt dergestalt beizulegen, dass die begehrte Summe auch die übliche Vergütung im Sinne des § 632 Abs. 2 BGB ist, also die vom Angeklagten erbrachte Leistung überall nur zum selben Preis zu erhalten ist und daher den Marktgegebenheiten entspricht. Einen solchen Erklärungswert vermag der Senat dem Zahlungsverlangen allerdings nicht beizumessen.
Der Erklärungswert eines Verhaltens ergibt sich nicht nur aus demjenigen, was ausdrücklich zum Gegenstand der Kommunikation gemacht wird, sondern auch aus den Gesamtumständen der konkreten Situation ( BGHSt 51, 165, 170 ). Dieser unausgesprochene Kommunikationsinhalt wird wesentlich durch den dem Erklärenden bekannten Empfängerhorizont und damit durch die ersichtlichen Erwartungen der Beteiligten bestimmt (Fischer aaO § 263 Rn. 12), die wiederum durch die Anschauungen der jeweiligen Verkehrskreise und die in der konkreten Situation relevanten rechtlichen Normen geprägt werden ( BGHSt 51, 165, 170 m.w.N.). So erwartet der Verkehr vor allem dann eine wahrheitsgemäße Darstellung der Tatsachengrundlage im Zusammenhang mit der Geltendmachung eines zivilrechtlichen Anspruchs, soweit die Tatsachen wesentlich für die Beurteilung des Anspruchs sind und der Adressat sie aus seiner Situation nicht ohne weiteres überprüfen kann (BGH 5. Strafsenat , Beschluss vom 9. Juni 2009, 5 StR 394/08, Rn. 16, zit. ü. juris). Auch die für den streitgegenständlichen Geschäftstyp charakteristische Pflichten- und Risikoverteilung zwischen den Vertragsparteien ist bei der Ermittlung des Erklärungswerts zu berücksichtigen ( BGHSt 51, 165, 170; BGHSt 46, 196, 199 ).
Das Verlangen nach einer überhöhten Vergütung bei Werkleistungen oder auch das Fordern eines überhöhten Verkaufs- bzw. zu niedrigen Ankaufspreises beim Ankauf oder Verkauf von Wirtschaftsgütern enthält grundsätzlich nicht zugleich auch die Behauptung der Angemessenheit oder Üblichkeit. Vereinbarungen über den Austausch von Gütern und Leistungen, insbesondere auch die Preisgestaltung, unterliegen der Vertragsfreiheit (vgl. BGH NJW 1990, 2005f; OLG Stuttgart NStZ 1985, 503, NStZ 2003, 554f und NJW 1966, 990; Cramer in Schönke/Schröder StGB 26. Aufl. § 263 Rn. 16d, 17c; Lackner/Kühl, StGB 25. Aufl. § 263 Rn. 10; Jecht, GA 1963, 41, 43f – jeweils m.w.N.).
Ausnahmen wurden von der Rechtsprechung in den Fällen anerkannt, in denen für eine Leistung ein bestimmtes Entgelt öffentlich-rechtlich festgesetzt ist, der Leistungsempfänger die Forderung nicht ohne weiteres auf ihre Übereinstimmung mit dem amtlich festgesetzten Betrag überprüfen kann und der Fordernde die mangelnde Sachkunde sowie das ihm entgegengebrachte Vertrauen des Vertragspartners zur Erzielung eines überhöhten Entgelts ausnutzt ( BGH NJW 1990, 2005, 2006). Als weitere Ausnahmen wurden die Fälle herangezogen, in denen der Wert der Ware bzw. der zu erbringenden Leistung tax- oder listenmäßig festgelegt ist, es an einer individuellen Preisvereinbarung fehlt und der Geschäftspartner nach allgemeinen Marktgepflogenheiten darauf vertrauen darf, dass sein Vertragspartner nur den listen-, tax- oder handelsüblichen Preis verlangen wird ( RGSt 42, 147: Arzneimitteltaxen; OLG Stuttgart NStZ 1985, 503 und NJW 1966, 990; Hefendehl in MünchKomm-StGB 2006 § 263 Rn. 128).
Der vorliegende Sachverhalt ist jedoch mit den genannten Ausnahmefällen nicht vergleichbar. Da der Grundsatz der Vertragsfreiheit und der freien Preisbildung nicht aufgehoben war und auch die Pflichten- und Risikoverteilung sowie eine etwaige Schutzbedürftigkeit des Bestellers eine Strafbarkeit nicht gebietet (bzgl. § 632 Abs. 2 BGB – jedoch ohne Begründung – Cramer in Schönke/Schröder StGB 26. Aufl. § 263 Rn. 17c; Lackner in LK, 10. Aufl. § 263 Rn. 46), enthält das Zahlungsverlangen des Angeklagten nicht zugleich auch eine konkludente Täuschung über die Angemessenheit der verlangten Vergütung.
§ 632 Abs. 1 BGB dient der Ausfüllung von Vertragslücken und vermeidet die Rechtsfolgen des Dissenses (§ 154 BGB), indem er eine Einigung der Parteien über die Vergütung fingiert, wie sie § 631 Abs. 1 BGB an sich voraussetzt (Busche aaO § 632 Rdn. 2). § 632 Abs. 2 BGB beinhaltet sodann eine Auslegungsregel zur Höhe der Vergütung, wenn sich dafür nichts aus der vertraglichen Vereinbarung (§ 631 Abs. 1 BGB) oder der Vergütungsfiktion (§ 632 Abs. 1 BGB) entnehmen lässt.
Sind die Parteien mit der Rechtslage, d.h. mit § 632 BGB, vertraut und kennen beide die Höhe der üblichen Vergütung, ist es ihnen dennoch im Rahmen der Vertragsfreiheit unbenommen, sich nach erbrachter Werkleistung auf eine höhere als die gesetzlich vorgesehene Vergütung zu einigen. Auch hier gilt der Grundsatz der freien Preisgestaltung. Das dem Vertragsabschluss nachfolgende Angebot auf Abänderung des Vertrages bezüglich der Höhe der Vergütung enthält hier nicht zugleich auch die Behauptung der Angemessenheit oder Üblichkeit.
Geht der Besteller in Kenntnis des § 632 Abs. 2 BGB dagegen irrtümlich davon aus, die geforderte, tatsächlich aber überhöhte Vergütung sei die marktübliche, liegt dieser Irrtum in seinem Risikobereich. Ein Anfechtungsrecht steht ihm nicht zu, da es an einem Anfechtungsgrund fehlt. Weder war ein Irrtum über den Erklärungsinhalt (§ 119 Abs. 1 1. Fall BGB) noch in der Erklärungshandlung (§ 119 Abs. 1 2. Fall BGB) noch über eine verkehrswesentliche Eigenschaft der Sache (§ 119 Abs. 2 BGB) gegeben. Er unterlag lediglich einem im Rahmen des § 119 BGB unerheblichen Motivirrtum, weil sein Irrtum außerhalb der Erklärung liegende Tatsachen betraf. Ihm bleibt lediglich ein Rückforderungsanspruch nach Bereicherungsrecht (§ 812 Abs. 1 1. Fall BGB).
Sind die Parteien mit § 632 BGB nicht vertraut und gehen sie davon aus, dass erst noch eine Einigung über die Höhe der Vergütung zu erfolgen hat, steht es dem Besteller frei, dem vorleistungspflichtigen Werkunternehmer (§ 641 Abs. 1 Satz 1 BGB) die Zahlung in Höhe des Betrages zu verweigern, den er für nicht angemessen hält – so wie es hier auch geschehen ist – und sich, soweit der Unternehmer die Höhe des Vergütungsanspruchs für angemessen hält, auf die Zahlung des Restwerklohns verklagen zu lassen. In beiden Fällen steht es dem Besteller frei, die Forderung zu akzeptieren oder abzulehnen. Die Sachlage ist hier mit dem Verlangen nach einer überhöhten Vergütung vor Vertragsabschluss vergleichbar. Ein und dieselbe Erklärung des Werkunternehmers kann aber nicht einen unterschiedlichen Bedeutungsgehalt haben, je nachdem, ob sie vor oder nach Vertragsschluss erfolgt. Enthält das Verlangen nach einer überhöhten Vergütung bei Werkleistungen nicht zugleich auch die Behauptung der Angemessenheit oder Üblichkeit, soweit es vor Vertragsschluss geäußert wird, kann die wortgleiche Erklärung nach Vertragsschluss, ohne Hinzutreten weiterer Umstände, nicht plötzlich eine Täuschung sein, obwohl die Marktverhältnisse unverändert sind.
Soweit sich die Besteller (um die Differenz zwischen der verlangten Vergütung des Angeklagten und dem üblichen Marktpreis) geschädigt fühlten, beruhte dies nicht auf einer vom Angeklagten bewirkten Fehlvorstellung bezüglich der erbrachten Leistung, sondern lediglich auf der Unkenntnis, dass nach Werkvertragsrecht die marktübliche Vergütung vereinbart war und auf der Unkenntnis, zu welchem Preis die Leistungen von anderen Scherenschleifern angeboten wurden.
Auch die Pflichten- und Risikoverteilung sowie eine etwaige Schutzbedürftigkeit des Bestellers gebieten eine Strafbarkeit nicht. Es gehört in den Risikobereich des Leistenden, dass die Schuld besteht und die Leistung den Anspruch nicht übersteigt ( BGHSt 39, 392, 398 ). Die von der Rechtsprechung anerkannten Ausnahmen betreffen Fälle, in denen für eine Leistung ein bestimmtes Entgelt öffentlich-rechtlich festgesetzt ist und der Leistungsempfänger die Forderung nicht ohne weiteres auf ihre Übereinstimmung mit dem amtlich festgesetzten Betrag überprüfen kann, weil ihm jegliche Sachkunde fehlt und er sich die notwendigen Informationen nicht ohne weiteres verschaffen kann.
Für das Schleifen von Werkzeugen gibt es keinen festen, einheitlichen Marktpreis. Die Prüfung der Möglichkeit eines preisgünstigeren Geschäfts liegt in der Sphäre des Bestellers. Für die vom Angeklagten aufgesuchten Kunden bestand auch keine Notwendigkeit, sofort den geforderten Preis zu akzeptieren. Sie konnten vor oder während der Erbringung der Werkleistung Erkundigungen einziehen oder bei Abnahme des Werkes zunächst eine Teilzahlung erbringen und sich zwischenzeitlich unschwer vergewissern, zu welchem Preis die Leistungen von anderen Scherenschleifern angeboten wurden. Einem Kunden, der von diesen Möglichkeiten keinen Gebrauch macht, strafrechtlichen Schutz vor einer überhöhten Vergütungsforderung zu gewähren, ist nicht veranlasst.
d. Den Angeklagten traf auch keine Verpflichtung, darüber aufzuklären, dass die von ihm verlangte Vergütung die übliche Vergütung deutlich überstieg.
Gemäß § 13 Abs. 1 StGB ist Begehen durch Unterlassung nur dann strafbar, wenn den Täter eine Garantenstellung trifft (vgl. Fischer aaO § 13 Rdn. 6), er also rechtlich dafür einzustehen hat, dass der Erfolg nicht eintritt und wenn das Unterlassen der Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestands durch ein Tun entspricht. Aus den getroffenen Feststellungen des Landgerichts lässt sich eine Offenbarungspflicht allerdings nicht entnehmen.
Vorliegend kommt ohnehin lediglich die Verletzung von Aufklärungspflichten aus Vertrag bzw. aus Treu und Glauben nach § 242 BGB in Betracht (vgl. Fischer aaO § 263 Rdn. 25 – 30; BGHSt 39, 392, 399f ). Eine strafrechtlich relevante Aufklärungspflicht in allgemeinen Vertragsverhältnissen mit gegenseitigen Leistungspflichten – wie vorliegend – setzt voraus, dass besondere Umstände, etwa ein besonderes Vertrauensverhältnis oder auf gegenseitigem Vertrauen beruhende Verbindungen vorliegen ( BGHSt 46, 196, 203; BGHSt 39, 392, 399 ). Daran fehlt es. Der Abschluss von Austauschverträgen begründet keine Offenbarungspflicht hinsichtlich solcher Umstände, die in die Risikosphäre des Vertragspartners fallen, insbesondere also die Preisgestaltung oder die Angemessenheit des Preises (vgl. Fischer aaO § 263 Rdn. 28). Allein die Behauptung, der Nachfolger der Scherenschleiferin zu sein, genügt für die Begründung einer Aufklärungspflicht nicht.
3. Da lediglich ein Mangel der rechtlichen Würdigung vorliegt und auszuschließen ist, dass hinsichtlich der bemängelten Täuschungshandlung weitergehende Feststellungen getroffen werden können, entscheidet der Senat in der Sache selbst.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 467 Abs. 1 StPO.
Gericht: OLG München
Datum: 07.09.2009
Schlüsselwort: Kein Betrug durch Verlangen einer überhöhten Vergütung von Werkleistungen
Normen: BGB § 631; BGB § 632 Abs. 2; StGB § 13 Abs. 1; StGB § 263 Abs. 1
Kurztext:
Das bloße Verlangen einer überhöhten Vergütung bei Werkleistungen (hier: das Schleifen von Scheren) enthält nicht zugleich die Behauptung der Angemessenheit oder Üblichkeit und stellt sich daher nicht als betrugsrelevante Täuschung dar. Dies gilt auch dann, wenn die bei Abnahme des Werks erstmals bezifferte Vergütungsforderung den gesetzlichen Vergütungsanspruch deutlich übersteigt. Eine Verpflichtung, darüber aufzuklären, dass die verlangte Vergütung diesen gesetzlichen Vergütungsanspruch überschreitet, besteht nicht.
Das bloße Verlangen einer überhöhten Vergütung bei Werkleistungen (hier: das Schleifen von Scheren) enthält nicht zugleich die Behauptung der Angemessenheit oder Üblichkeit und stellt sich daher nicht als betrugsrelevante Täuschung dar. Dies gilt auch dann, wenn die bei Abnahme des Werks erstmals bezifferte Vergütungsforderung den gesetzlichen Vergütungsanspruch deutlich übersteigt. Eine Verpflichtung, darüber aufzuklären, dass die verlangte Vergütung diesen gesetzlichen Vergütungsanspruch überschreitet, besteht nicht.
Das bloße Verlangen einer überhöhten Vergütung bei Werkleistungen enthält nicht zugleich die Behauptung der Angemessenheit oder Üblichkeit und stellt sich daher nicht als betrugsrelevante Täuschung dar. Dies gilt auch dann, wenn die bei Abnahme des Werks erstmals bezifferte Vergütungsforderung den Vergütungsanspruch nach § 632 Abs. 2 BGB deutlich übersteigt. Eine Verpflichtung, darüber aufzuklären, dass die verlangte Vergütung den Vergütungsanspruch nach § 632 Abs. 2 BGB überschreitet, besteht nicht.
5 St RR 246/09 07.09.2009
OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN
BESCHLUSS
I. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 25. März 2009 aufgehoben. Der Angeklagte wird freigesprochen.
II. Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten fallen der Staatskasse zur Last.
Gründe:
Das Amtsgericht hat den Angeklagten wegen Betrugs zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten verurteilt. Seine Berufung hat das Landgericht mit der Maßgabe verworfen, dass er zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen verurteilt wird. Die Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge Erfolg.
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts bot der Angeklagte, ein Scherenschleifer, der ehemaligen Schneiderin K. am 8.11.2007 seine Dienste an. Die Geschädigte K. ließ seit 35 Jahren Messer und Scheren von einer Scherenschleiferin schleifen und hatte deshalb eine „gewisse Vorstellung, was das Schleifen normalerweise kosten würde“. Ihre Frage, ob er der Nachfolger ihrer Scherenschleiferin sei, bejahte der Angeklagte. Sie übergab ihm vier Scheren und acht Messer zum Schleifen, ohne dass ein Preis für die durchzuführenden Arbeiten vereinbart wurde. Als der Angeklagte die Aktenzeichen: 5 St RR 246/09 geschliffenen Messer und Scheren zurückbrachte, verlangte er € 225. Er erhielt zunächst € 90 in bar, da die Geschädigte und ihr Lebensgefährte nicht über mehr Bargeld verfügten. Den Restbetrag sollte der Angeklagte vereinbarungsgemäß am nächsten Tag erhalten. Nachdem den beiden Geschädigten der Preis deutlich überhöht erschien, erkundigten sie sich bei ihrer früheren Scherenschleiferin und erhielten die Auskunft, es seien lediglich etwa € 50 angemessen. Eine weitere Zahlung erfolgte nicht. Auf eine polizeiliche Anfrage erteilte ein Messerschleifbetrieb die Auskunft, für die geleisteten Arbeiten sei ein Honorar von € 50 bis € 60 angemessen.
2. Die Auffassung des Landgerichts, der Angeklagte habe mit dem Verlangen nach einer überhöhten Vergütung einen Betrug begangen, hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.
a. Die Annahme eines Betrugs durch Abschluss eines Vertrages (Eingehungsbetrug) scheidet aus, da der Angeklagte durch sein Angebot, die ihm übergebenen Messer und Scheren zu schleifen, keine Täuschungshandlung begangen hat. Seine Erklärung hatte nur den Inhalt, dass er Scheren und Messer gegen Entgelt schleifen würde. Dieses Angebot hat die Geschädigte durch Übergabe der Werkzeuge angenommen und dadurch mit dem Angeklagten einen Werkvertrag (§ 631 BGB) abgeschlossen. Dem steht nicht entgegen, dass bei Vertragsabschluss nicht über die Höhe der Vergütung gesprochen worden ist. Nach § 632 Abs. 1 BGB gilt die Zahlung einer Vergütung für die Werkleistung als stillschweigend vereinbart, wenn die Herstellung des Werks den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist. Diese Voraussetzung ist hier erfüllt, so dass dem Angeklagten ein Vergütungsanspruch zustand, dessen Höhe § 632 Abs. 2 BGB festlegt. Nach dieser Vorschrift ist, wenn die Höhe der Vergütung nicht bestimmt ist, bei dem Bestehen einer Taxe die taxmäßige Vergütung, in Ermangelung einer Taxe die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen. Eine taxmäßige Vergütung setzt voraus, dass die werkvertraglich geschuldete Vergütung in einer Vergütungsordnung bzw. Gebührenordnung festgesetzt ist, die eine hoheitliche Preisfestsetzung enthält und die nicht ohnehin zwingend gilt (sog. Dispositivtaxen), also z.B. die Gebührenordnungen für Rechtsanwälte, Ärzte, Zahnärzte, Architekten, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer (Busche in MünchKomm-BGB 5. Aufl. 2009 § 632 Rdn. 21). Da es für Schleifleistungen keine Taxe und damit auch keine taxmäßige Vergütung gibt, ist die übliche Vergütung im Sinne von § 632 Abs. 2 BGB als vereinbart anzusehen, also die Vergütung, die zur Zeit des Vertragsschlusses nach allgemeiner Auffassung der beteiligten Kreise am Ort der Werkleistung gewährt zu werden pflegt (Sprau in Palandt BGB 68. Aufl. Rdn. 15 m.w.N.). Vergleichsmaßstab sind Leistungen gleicher Art, gleicher Güte und gleichen Umfangs. Die Anerkennung der Üblichkeit setzt gleiche Verhältnisse in zahlreichen Einzelfällen voraus (vgl. BGHZ 43, 154, 159 ). Die übliche Vergütung bewegt sich regelmäßig innerhalb einer bestimmten Bandbreite. Diese ist vorliegend bei etwa € 50 bis € 60 anzusetzen, so dass in dieser Höhe ein Vergütungsanspruch des Angeklagten bestand.
b. Nach den Urteilsfeststellungen hat der Angeklagte die Werkleistung ordnungsgemäß erbracht, so dass ihm ein Vergütungsanspruch nach Maßgabe des § 632 Abs. 2 BGB zusteht. Die in der Übergabe der Werkleistung liegende konkludente Erklärung, dass die vereinbarten Leistungen mängelfrei erbracht worden sind, ist nach den Urteilsfeststellungen zutreffend und daher keine Vorspiegelung einer falschen Tatsache. Ein Erfüllungsbetrug liegt insoweit daher nicht vor.
c. Die den gesetzlichen Vergütungsanspruch übersteigende Forderung des Angeklagten nach Zahlung einer Vergütung in Höhe von € 225 enthält keine ausdrückliche Täuschung, denn seine Erklärung hat nur den Inhalt, dass er für die durchgeführten Leistungen (nun) € 225 verlange.
Der Angeklagte hat mit dieser Forderung allerdings auch nicht konkludent vorgespiegelt, dass ihm tatsächlich ein Vergütungsanspruch in Höhe von € 225 zusteht.
Behauptungen über Rechte können dann Gegenstand einer Täuschungshandlung sein, soweit sie zugleich inzident Tatsachenbehauptungen enthalten ( BGHSt 46, 196, 198; Fischer, StGB 56. Aufl. § 263 Rdn. 8b m.w.N.). Die bloße (unzutreffende) Behauptung eines Vergütungsanspruches wäre deshalb allein nicht geeignet, eine Täuschungshandlung im Sinne des § 263 StGB zu begründen ( BGHSt 46, 196, 198 ). Insoweit käme allenfalls in Betracht, dem Zahlungsverlangen einen zusätzlichen tatsächlichen Aussagegehalt dergestalt beizulegen, dass die begehrte Summe auch die übliche Vergütung im Sinne des § 632 Abs. 2 BGB ist, also die vom Angeklagten erbrachte Leistung überall nur zum selben Preis zu erhalten ist und daher den Marktgegebenheiten entspricht. Einen solchen Erklärungswert vermag der Senat dem Zahlungsverlangen allerdings nicht beizumessen.
Der Erklärungswert eines Verhaltens ergibt sich nicht nur aus demjenigen, was ausdrücklich zum Gegenstand der Kommunikation gemacht wird, sondern auch aus den Gesamtumständen der konkreten Situation ( BGHSt 51, 165, 170 ). Dieser unausgesprochene Kommunikationsinhalt wird wesentlich durch den dem Erklärenden bekannten Empfängerhorizont und damit durch die ersichtlichen Erwartungen der Beteiligten bestimmt (Fischer aaO § 263 Rn. 12), die wiederum durch die Anschauungen der jeweiligen Verkehrskreise und die in der konkreten Situation relevanten rechtlichen Normen geprägt werden ( BGHSt 51, 165, 170 m.w.N.). So erwartet der Verkehr vor allem dann eine wahrheitsgemäße Darstellung der Tatsachengrundlage im Zusammenhang mit der Geltendmachung eines zivilrechtlichen Anspruchs, soweit die Tatsachen wesentlich für die Beurteilung des Anspruchs sind und der Adressat sie aus seiner Situation nicht ohne weiteres überprüfen kann (BGH 5. Strafsenat , Beschluss vom 9. Juni 2009, 5 StR 394/08, Rn. 16, zit. ü. juris). Auch die für den streitgegenständlichen Geschäftstyp charakteristische Pflichten- und Risikoverteilung zwischen den Vertragsparteien ist bei der Ermittlung des Erklärungswerts zu berücksichtigen ( BGHSt 51, 165, 170; BGHSt 46, 196, 199 ).
Das Verlangen nach einer überhöhten Vergütung bei Werkleistungen oder auch das Fordern eines überhöhten Verkaufs- bzw. zu niedrigen Ankaufspreises beim Ankauf oder Verkauf von Wirtschaftsgütern enthält grundsätzlich nicht zugleich auch die Behauptung der Angemessenheit oder Üblichkeit. Vereinbarungen über den Austausch von Gütern und Leistungen, insbesondere auch die Preisgestaltung, unterliegen der Vertragsfreiheit (vgl. BGH NJW 1990, 2005f; OLG Stuttgart NStZ 1985, 503, NStZ 2003, 554f und NJW 1966, 990; Cramer in Schönke/Schröder StGB 26. Aufl. § 263 Rn. 16d, 17c; Lackner/Kühl, StGB 25. Aufl. § 263 Rn. 10; Jecht, GA 1963, 41, 43f – jeweils m.w.N.).
Ausnahmen wurden von der Rechtsprechung in den Fällen anerkannt, in denen für eine Leistung ein bestimmtes Entgelt öffentlich-rechtlich festgesetzt ist, der Leistungsempfänger die Forderung nicht ohne weiteres auf ihre Übereinstimmung mit dem amtlich festgesetzten Betrag überprüfen kann und der Fordernde die mangelnde Sachkunde sowie das ihm entgegengebrachte Vertrauen des Vertragspartners zur Erzielung eines überhöhten Entgelts ausnutzt ( BGH NJW 1990, 2005, 2006). Als weitere Ausnahmen wurden die Fälle herangezogen, in denen der Wert der Ware bzw. der zu erbringenden Leistung tax- oder listenmäßig festgelegt ist, es an einer individuellen Preisvereinbarung fehlt und der Geschäftspartner nach allgemeinen Marktgepflogenheiten darauf vertrauen darf, dass sein Vertragspartner nur den listen-, tax- oder handelsüblichen Preis verlangen wird ( RGSt 42, 147: Arzneimitteltaxen; OLG Stuttgart NStZ 1985, 503 und NJW 1966, 990; Hefendehl in MünchKomm-StGB 2006 § 263 Rn. 128).
Der vorliegende Sachverhalt ist jedoch mit den genannten Ausnahmefällen nicht vergleichbar. Da der Grundsatz der Vertragsfreiheit und der freien Preisbildung nicht aufgehoben war und auch die Pflichten- und Risikoverteilung sowie eine etwaige Schutzbedürftigkeit des Bestellers eine Strafbarkeit nicht gebietet (bzgl. § 632 Abs. 2 BGB – jedoch ohne Begründung – Cramer in Schönke/Schröder StGB 26. Aufl. § 263 Rn. 17c; Lackner in LK, 10. Aufl. § 263 Rn. 46), enthält das Zahlungsverlangen des Angeklagten nicht zugleich auch eine konkludente Täuschung über die Angemessenheit der verlangten Vergütung.
§ 632 Abs. 1 BGB dient der Ausfüllung von Vertragslücken und vermeidet die Rechtsfolgen des Dissenses (§ 154 BGB), indem er eine Einigung der Parteien über die Vergütung fingiert, wie sie § 631 Abs. 1 BGB an sich voraussetzt (Busche aaO § 632 Rdn. 2). § 632 Abs. 2 BGB beinhaltet sodann eine Auslegungsregel zur Höhe der Vergütung, wenn sich dafür nichts aus der vertraglichen Vereinbarung (§ 631 Abs. 1 BGB) oder der Vergütungsfiktion (§ 632 Abs. 1 BGB) entnehmen lässt.
Sind die Parteien mit der Rechtslage, d.h. mit § 632 BGB, vertraut und kennen beide die Höhe der üblichen Vergütung, ist es ihnen dennoch im Rahmen der Vertragsfreiheit unbenommen, sich nach erbrachter Werkleistung auf eine höhere als die gesetzlich vorgesehene Vergütung zu einigen. Auch hier gilt der Grundsatz der freien Preisgestaltung. Das dem Vertragsabschluss nachfolgende Angebot auf Abänderung des Vertrages bezüglich der Höhe der Vergütung enthält hier nicht zugleich auch die Behauptung der Angemessenheit oder Üblichkeit.
Geht der Besteller in Kenntnis des § 632 Abs. 2 BGB dagegen irrtümlich davon aus, die geforderte, tatsächlich aber überhöhte Vergütung sei die marktübliche, liegt dieser Irrtum in seinem Risikobereich. Ein Anfechtungsrecht steht ihm nicht zu, da es an einem Anfechtungsgrund fehlt. Weder war ein Irrtum über den Erklärungsinhalt (§ 119 Abs. 1 1. Fall BGB) noch in der Erklärungshandlung (§ 119 Abs. 1 2. Fall BGB) noch über eine verkehrswesentliche Eigenschaft der Sache (§ 119 Abs. 2 BGB) gegeben. Er unterlag lediglich einem im Rahmen des § 119 BGB unerheblichen Motivirrtum, weil sein Irrtum außerhalb der Erklärung liegende Tatsachen betraf. Ihm bleibt lediglich ein Rückforderungsanspruch nach Bereicherungsrecht (§ 812 Abs. 1 1. Fall BGB).
Sind die Parteien mit § 632 BGB nicht vertraut und gehen sie davon aus, dass erst noch eine Einigung über die Höhe der Vergütung zu erfolgen hat, steht es dem Besteller frei, dem vorleistungspflichtigen Werkunternehmer (§ 641 Abs. 1 Satz 1 BGB) die Zahlung in Höhe des Betrages zu verweigern, den er für nicht angemessen hält – so wie es hier auch geschehen ist – und sich, soweit der Unternehmer die Höhe des Vergütungsanspruchs für angemessen hält, auf die Zahlung des Restwerklohns verklagen zu lassen. In beiden Fällen steht es dem Besteller frei, die Forderung zu akzeptieren oder abzulehnen. Die Sachlage ist hier mit dem Verlangen nach einer überhöhten Vergütung vor Vertragsabschluss vergleichbar. Ein und dieselbe Erklärung des Werkunternehmers kann aber nicht einen unterschiedlichen Bedeutungsgehalt haben, je nachdem, ob sie vor oder nach Vertragsschluss erfolgt. Enthält das Verlangen nach einer überhöhten Vergütung bei Werkleistungen nicht zugleich auch die Behauptung der Angemessenheit oder Üblichkeit, soweit es vor Vertragsschluss geäußert wird, kann die wortgleiche Erklärung nach Vertragsschluss, ohne Hinzutreten weiterer Umstände, nicht plötzlich eine Täuschung sein, obwohl die Marktverhältnisse unverändert sind.
Soweit sich die Besteller (um die Differenz zwischen der verlangten Vergütung des Angeklagten und dem üblichen Marktpreis) geschädigt fühlten, beruhte dies nicht auf einer vom Angeklagten bewirkten Fehlvorstellung bezüglich der erbrachten Leistung, sondern lediglich auf der Unkenntnis, dass nach Werkvertragsrecht die marktübliche Vergütung vereinbart war und auf der Unkenntnis, zu welchem Preis die Leistungen von anderen Scherenschleifern angeboten wurden.
Auch die Pflichten- und Risikoverteilung sowie eine etwaige Schutzbedürftigkeit des Bestellers gebieten eine Strafbarkeit nicht. Es gehört in den Risikobereich des Leistenden, dass die Schuld besteht und die Leistung den Anspruch nicht übersteigt ( BGHSt 39, 392, 398 ). Die von der Rechtsprechung anerkannten Ausnahmen betreffen Fälle, in denen für eine Leistung ein bestimmtes Entgelt öffentlich-rechtlich festgesetzt ist und der Leistungsempfänger die Forderung nicht ohne weiteres auf ihre Übereinstimmung mit dem amtlich festgesetzten Betrag überprüfen kann, weil ihm jegliche Sachkunde fehlt und er sich die notwendigen Informationen nicht ohne weiteres verschaffen kann.
Für das Schleifen von Werkzeugen gibt es keinen festen, einheitlichen Marktpreis. Die Prüfung der Möglichkeit eines preisgünstigeren Geschäfts liegt in der Sphäre des Bestellers. Für die vom Angeklagten aufgesuchten Kunden bestand auch keine Notwendigkeit, sofort den geforderten Preis zu akzeptieren. Sie konnten vor oder während der Erbringung der Werkleistung Erkundigungen einziehen oder bei Abnahme des Werkes zunächst eine Teilzahlung erbringen und sich zwischenzeitlich unschwer vergewissern, zu welchem Preis die Leistungen von anderen Scherenschleifern angeboten wurden. Einem Kunden, der von diesen Möglichkeiten keinen Gebrauch macht, strafrechtlichen Schutz vor einer überhöhten Vergütungsforderung zu gewähren, ist nicht veranlasst.
d. Den Angeklagten traf auch keine Verpflichtung, darüber aufzuklären, dass die von ihm verlangte Vergütung die übliche Vergütung deutlich überstieg.
Gemäß § 13 Abs. 1 StGB ist Begehen durch Unterlassung nur dann strafbar, wenn den Täter eine Garantenstellung trifft (vgl. Fischer aaO § 13 Rdn. 6), er also rechtlich dafür einzustehen hat, dass der Erfolg nicht eintritt und wenn das Unterlassen der Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestands durch ein Tun entspricht. Aus den getroffenen Feststellungen des Landgerichts lässt sich eine Offenbarungspflicht allerdings nicht entnehmen.
Vorliegend kommt ohnehin lediglich die Verletzung von Aufklärungspflichten aus Vertrag bzw. aus Treu und Glauben nach § 242 BGB in Betracht (vgl. Fischer aaO § 263 Rdn. 25 – 30; BGHSt 39, 392, 399f ). Eine strafrechtlich relevante Aufklärungspflicht in allgemeinen Vertragsverhältnissen mit gegenseitigen Leistungspflichten – wie vorliegend – setzt voraus, dass besondere Umstände, etwa ein besonderes Vertrauensverhältnis oder auf gegenseitigem Vertrauen beruhende Verbindungen vorliegen ( BGHSt 46, 196, 203; BGHSt 39, 392, 399 ). Daran fehlt es. Der Abschluss von Austauschverträgen begründet keine Offenbarungspflicht hinsichtlich solcher Umstände, die in die Risikosphäre des Vertragspartners fallen, insbesondere also die Preisgestaltung oder die Angemessenheit des Preises (vgl. Fischer aaO § 263 Rdn. 28). Allein die Behauptung, der Nachfolger der Scherenschleiferin zu sein, genügt für die Begründung einer Aufklärungspflicht nicht.
3. Da lediglich ein Mangel der rechtlichen Würdigung vorliegt und auszuschließen ist, dass hinsichtlich der bemängelten Täuschungshandlung weitergehende Feststellungen getroffen werden können, entscheidet der Senat in der Sache selbst.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 467 Abs. 1 StPO.