Post by gast on Feb 22, 2010 11:08:37 GMT -5
Kann »Konfliktverteidigung« Strafvereitelung (§ 258 StGB) sein?
- Zugleich ein Beitrag zur Diskussion um eine allgemeine Miß- brauchsklausel im Strafprozeß -
Die Grenze zwischen dem notwendigen Einsatz des Verteidigers für seinen Mandanten und seiner Strafbarkeit im Rahmen der Strafvereitelung ist seit jeher unbestimmt. Gleichzeitig gewinnt in neuerer Zeit in der rechtspolitischen Debatte die Auffassung an Boden, »Konfliktverteidigung« gefährde das Strafverfahren. Der Beitrag will diese beiden Diskussionsstränge in der Fragestellung zusammenführen, ob der Tatbestand der Strafvereitelung und die Strafjustizvereitelung eine Schnittmenge haben, die Ausgangspunkt für die Abwehr »mißbräuchlichen« Verteidigerverhaltens sein kann.
I. Der rechtspolitische Standort des Problems
„Die Strafverteidigung ist im Gespräch“: Gerhard Mauz, der Gerichtsreporter des SPIEGEL, hat diese Bemerkung vor mehr als zwanzig Jahren1 seinen Überlegungen zum Verteidigerverhalten in sog. Terroristenverfahren vorangestellt. An Aktualität hat sie nicht verloren. Wenn in der derzeitigen rechtspolitischen Debatte über Strafverteidigung verhandelt wird, sind Vokabeln wie Rechtsstaatsschock2 und Formeln wie die von der Krise3, der Misere4 oder gar dem Kollaps5 des deutschen Strafprozesses Thema. Vor allem die Machenschaften unseriöser
»Konfliktverteidiger« hätten zu dieser Entwicklung beigetragen. Der Stand der Diskussion ist damit vorläufiger Höhepunkt einer Entwicklung, in der Strafverteidigung nach den siebziger Jahren zum zweiten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik im Mittelpunkt öffentlich geführter und grundsätzlicher Auseinandersetzung steht. Dieser rechtspolitische Streit soll hier nicht ausgebreitet werden6. Ein wichtiger rechtsdogmatischer Teilaspekt hat allerdings bisher eine nur untergeordnete Rolle gespielt. Wenn nämlich ein rechtlicher Zusammenhang zwischen Konfliktverteidigung und Strafvereitelung bestünde, der über die begriffliche Verwandtschaft hinausginge, müßte die Diskussion um eine allgemeine prozessuale Mißbrauchsklausel gegen formelle Strafverteidigung in einem anderen Licht erscheinen. Dann nämlich würden die Befürworter einer solchen Mißbrauchsklausel etwas einfordern, was bereits vom Tatbestand des § 258 StGB erfaßt ist und dementsprechend über § 138a I Nr. 3 StPO auch für das Prozeßrecht gelten muß. Die präzise Beantwortung dieser Frage ist um so dringlicher, als § 138a I Nr. 3 StPO nach der Recht- sprechung auch schon beim bloßen Verdacht der Strafvereitelung ohne ein anklagereifes Verfahren die Ausschließung des Verteidigers ermöglicht7.
Die auf die breite Ablehnung eines Mißbrauchstatbestandes durch die Strafprozeß- rechtswissenschaft der siebziger Jahre8 fußende Feststellung, die Diskussion um eine allgemeine Mißbrauchsklausel sei überwunden9, hat sich jedenfalls nicht bestätigt. Dieses Desiderat wurde einer breiteren Fachöffentlichkeit schon durch die Diskus- sionen auf dem 60. Deutschen Juristentag 1994 wieder in das Bewußtsein gerufen10. Jedenfalls Einzelbestimmungen der Strafprozeßordnung seien aber so auszugestalten, daß der institutionelle Mißbrauch prozessualer Befugnisse ausge- schlossen sei. Dies hat in jüngerer Zeit vor allem Kröpil11 in dieser Zeitschrift gefordert. In den Vorentwürfen zum 2. Rechtspflegeentlastungsgesetz (ReEntlG) und dem von Baden-Württemberg und Bayern eingebrachten Entwurf12 wurde deshalb trotz aller Beschleunigungsnovellen seit 1974 noch einmal darüber nachgedacht, grundlegende Strukturprinzipien des Strafverfahrens - gerade mit Blick auf das Recht der Verteidigung - wesentlich zu modifizieren.
II. »Stumpfe« StPO - »Scharfes« StGB?
In diesen Erörterungen gewinnt die Ansicht an Boden, Strafprozeßrecht habe dem systematischen Mißbrauch von Verteidigerrechten nichts entgegenzusetzen. Man müsse sich deshalb gerade im Hinblick auf Konfliktverteidigung „vor aller Theorie und dem Repetieren des literarischen Hin und Her“13 die Prozeßwirklichkeit vor Augen führen und handeln. Es sind landgerichtliche Entscheidungen bekannt geworden, bei denen Kommentatoren wegen der Reaktionen der Spruchkörper - im
Wiesbadener Fall der Abbruch des Strafverfahrens14, im Ansbacher Fall der Ausschluß eines Wahlverteidigers wegen »Konfliktverteidigung«15 - auf den Anfangsverdacht der Rechtsbeugung durch die beteiligten Richter aufmerksam gemacht haben. Ob dies zutrifft, mag dahinstehen. Berechtigt ist zumindest die Vermutung, daß hier aus Anlaß oder doch zumindest bei Gelegenheit konkreter Rechtsfälle Rechtspolitik betrieben wurde16. Weitgehende Einigkeit besteht aber darin, daß eine prozessuale Mißbrauchsklausel derzeit nicht positiviert ist. Die sitzungspolizeilichen Vorschriften des Gerichtsverfassungsrechts sind mit Blick auf den eindeutigen Wortlaut der §§ 176 ff. GVG, der den Verteidiger bewußt nicht erwähnt, kein probates Mittel gegen den Mißbrauch des Strafverfahrens. Das Standesrecht ist wegen der »Revolutionsentscheidungen« BVerfGE 76,
171/196 nach einer Dekade der Rekonvaleszenz seit dem Inkrafttreten der Berufsordnung am 11. März 1997 nunmehr freiheitliches Berufsrecht17. Folglich wird die Ausschließung des Strafverteidigers trotz des Fehlens einer allgemeinen Mißbrauchsklausel im Schrifttum als denkbarer (Um)Weg angesehen, um das Verfahren vor dem sabotagebereiten Verteidiger zu schützen18. Strafvereitelung und Prozeßsabotage dürften sich - so liest man -
„meistens“19 oder doch zumindest „in aller Regel objektiv decken“20. Die
Rechtsprechung zögert bisher, diese Konsequenz im Einzelfall tatsächlich zu ziehen. Es würde freilich dem oben dargestellten rechtspolitischen Trend nicht widersprechen, wenn diese Scheu im Schwinden begriffen wäre. Für die Strafbarkeit des mißbräuchlichen Beweisantrags bei § 258 StGB wurde deshalb bereits darauf hingewiesen, daß bei dem Gelingen des Nachweises der Obstruktionsabsicht „sich die Gerichte aller Voraussicht nach nicht zurückhalten (werden), um stellvertretend ein Exempel zu statuieren“21. Es stellt sich damit die Frage, ob Prozeßvereitelung Strafvereitelung sein kann. Denn was dem Verteidiger erlaubt ist, liegt schon für alltägliche Fallkonstellationen im Dunkeln. Dies gilt erst recht für »Konfliktverteidigung«. Gerade deshalb resümiert Beulke22 als Fazit seiner
Betrachtungen zum Umschlagen von Prozeßverzögerung in Strafvereitelung
„nur eine weitgehende Ungewißheit in allen angeschnittenen Rechtsfragen“. Dieser Frage soll deshalb im folgenden nachgegangen werden.
III. Zum Begriff der Konfliktverteidigung
Bei dem Begriff »Konfliktverteidigung« handelt sich hier um eine Gattungsumschreibung rechtsmißbräuchlicher Verteidigungsstrategien23. Eine vollständige Kategorisierung der Verhaltensweisen ist zur Rationalisierung der rechtspolitischen Diskussion zwar dringend erforder- lich, für die Beantwortung der hier zu behandelnden konkreten Fragestellung aber auch entbehrlich. Denn unter dem Fokus der Frage nach der Strafbarkeit solcher Verhaltensweisen scheiden zahlreiche Phänomene von vornherein aus. Vorliegend interessieren vor allem Strategien der Verteidigung, die den (frühestmöglichen) Eintritt des Minimalziels
»Abschluß des Strafverfahrens« verhindern oder erheblich verzögern. In eine solche Kasuistik24 gehören Verhaltensweisen wie das obstruktive Wie die Aufzählung erkennen läßt, ist es kaum möglich, derartige Verhaltensweisen ohne Zuhilfenahme adjektivischer Begrifflichkeiten eindeutig als »konflikthaft« zu etikettieren. Während das Stellen von 8 Be- weisanträgen in einer mehrtägigen Hauptverhandlung vor dem Landgericht selten konflikthaft sein wird, könnte man eher geneigt sein, das Ankündigen von 8.500 Beweisanträgen wie in der Konstellation des leading case BGHSt
38, 111 als »Konfliktverteidigung« zu bezeichnen. In dem weiten Feld dazwischen behelfen sich Wissenschaft und Praxis mit normativen Beschreibungen wie illoyal, mißbräuchlich, obstruktiv, schikanös, sy- stemwidrig, dysfunktional, wesens-, verfahrens- oder verteidigungsfremd und gemischt empirisch-normativen Begriffen wie exzessiv und inflationär. Ob es hierfür einen gemeinsamen theoretischen Bezugsrahmen gibt, der die Begriffsbildung jenseits von Tautologien fördern kann, ist m.E. sehr zwei- felhaft26. Die Hypothesen der Theorie vom Institutsmißbrauch werden aber insbesondere von der neueren monographischen Literatur zur Strafvereitelung durch Strafverteidigung bereitwillig rezipiert27. Mißbrauch von Verteidigerrechten ist auf dem Boden dieser Lehre ein Verhalten, bei dem der Verteidiger seine prozessuale Rechtsstellung dazu ausnutzt, durch unzulässige Mittel die Durchführung des Verfahrens zu verzögern oder zu erschweren. Diese Theorie beschränkt daher den Anwendungsbereich einzelner Normen oder Rechtsinstitute der Strafprozeßordnung unter teleologischen Gesichtspunkten. Solche Normen werden aber erst im Verfahren - vor allem in der Hauptverhandlung - lebendig. Bezeichnend für
»Konfliktverteidigung« ist damit zum einen, daß sie sich nur über den Erfolg von sonstigen Prozeßhandlungen abgrenzen lassen. Dadurch wird der eigentliche Begriffsinhalt - oftmals wohl bewußt - in der Schwebe gehalten: Typisch seien Handlungen, die im Ergebnis auf eine Verhinderung der Strafrechtspflege hinausliefen oder einen Verfahrensabschluß in angemessener Zeit in Frage stellten28. Zum anderen ist für den Begriff konstitutiv, daß die sichtbare Konflikthaftigkeit der Handlung des Verteidigers betont wird. Materiell-strafrechtlich formuliert liegt daher der
„Schwerpunkt der Vorwerfbarkeit“29 nicht im Unterlassen »loyaler« und
»funktionaler« Handlungen, sondern in einem aktiven Tun. Konfliktverteidigung kann daher verstanden werden als jedes von einem entsprechenden Willen getragene Tun des Verteidigers, das unter Negation der Verfahrensherrschaft des Gerichts die (schnellstmögliche) Erreichung der Ziele des Strafverfahrens unter »Nichtführung sachbezogener Verteidi-
gung« hemmen oder unmöglich machen soll.
IV. »Konfliktverteidigung« als Strafvereitelung?
1. Taterfolg: Die »geraume Zeit« bei der Prozeßverzögerung
Es erscheint einleuchtend, daß solche Verhaltensweisen sehr schnell in den Einzugsbereich des objektiven Tatbestandes von § 258 StGB kommen können. Dessen Taterfolg tritt nämlich dann ein, wenn die Strafe des
»anderen« geringer ausfällt, als es dem Gesetz gemäß ist. Eine vollendete Strafvereitelung ist also jedenfalls dann gegeben, wenn das Täterverhalten eine völlige oder teilweise Einstellung des Verfahrens, einen Freispruch oder eine zu milde Bestrafung bewirkt, mag sich dies auch in einer höheren Instanz noch ändern30. Dies ist für Verteidigerhandeln einschlägig, welches das Strafverfahren unmöglich macht oder doch zumindest zu einem Verfahrensabschluß führt, der nicht dem materiellen Recht entspricht. Für einen solchen Teil-»Erfolg« konflikthafter Strafverteidigung gibt es seit dem Stuttgarter Rechtsextremistenprozeß in der bundesdeutschen Pro- zeßwirklichkeit ein unrühmliches Beispiel, in dem ein nicht zuletzt durch Verteidigerintervention in die Länge gezogenes Strafverfahren nach der Erkrankung einer Schöffin ergebnislos abgebrochen werden mußte. Das Verfahren spielt gerade auch in der Reformdiskussion zum 2. ReEntlG eine erhebliche Rolle31. Viele Handlungen des Verteidigers werden aber nur zu einer Verzögerung des Strafverfahrens führen, nicht notwendig zur Vereitelung des »gerechten« Verfahrensabschlusses.
Bei solcher Verzögerung kommt es daher entscheidend darauf an, welcher Zeitraum vollendungsgeeignet ist. Darüber besteht Streit. Beulke32 fordert nur, daß die Tätigkeit der Strafverfolgungsorgane unterbunden oder zumindest in eine falsche Richtung gelenkt wird. Andere33 meinen unter Hinweis auf Art. 103 II GG, im Regelfall genüge die Strafvereitelung »auf Zeit« für den Erfolgseintritt überhaupt nicht. Beides vermag nicht zu überzeugen. Richtigerweise ist nach weithin akzeptierter Vorstellung des Gesetzgebers34 auch bereits ein Vereiteln des staatlichen Strafanspruchs »für geraume Zeit« noch vom Wortlaut gedeckt. Um- stritten ist in der Rechtsprechung aber, wie dieser Zeitraum zu bestimmen ist. Wäh- rend das OLG Koblenz35 eine Verzögerung von ein bis zwei und das RG36 drei Tage
für ausreichend hielten, hat der BGH37 weniger als sechs Tage noch nicht als
»geraume« Zeit angesehen. In einem vom KG38 entschiedenen Fall wegen einer vom Verteidiger zu vertretenden Terminsaufhebung und Neuterminierung sieben Tage später ging das Gericht deshalb nur vom Versuch des § 258 StGB aus.
Richtig erscheint es, den maßgeblichen Zeitraum jedenfalls beim Handeln des Strafverteidigers aus Gründen der Rechtssicherheit in Übereinstimmung mit der prozessualen Regel des § 229 I StPO zu bestimmen. Dies entspricht dem Rechtsgut des § 258 StGB. Die Vorschrift will den staatlichen Sanktionenanspruch schützen39. Der Gesetzgeber geht nun aufgrund des Konzentrationsgrundsatzes davon aus, daß eine Frist von zehn Tagen die Höchstdauer für eine Unterbrechung der Hauptverhandlung ist. Erst bei längeren Zeiträumen entstehen Gefahren für die Wahrheitsfindung. Der Richterspruch droht zudem nicht mehr unmittelbar aus dem Inbegriff der Hauptverhandlung geschöpft zu werden40. Dies belegt auch § 268 III 2
StPO. Umgekehrt geht der Gesetzgeber aber „davon aus, daß bei Einhaltung der in § 229 StPO vorgesehenen Fristen (...) die Einheitlichkeit und Unmittelbarkeit der Hauptverhandlung gewahrt und der Gefahr begegnet ist, die Urteilsberatung könne sich nicht ausschließlich auf das Ergebnis der Hauptverhandlung gründen“41. Somit kann aber auch der Sanktionenanspruch nicht ernstlich in Gefahr geraten. Damit kann zumindest im Bereich des Strafprozeßrechts die Zehntagesfrist des § 229 I StPO zur Konkretisierung der »geraumen Zeit« herangezogen werden. Bei kürzeren Verfahrensverzögerungen kommt somit nur der - strafbewehrte, §
258 IV StGB - Versuch der Strafvereitelung in Betracht.
2. Tathandlung: Die bisherigen Lösungsansätze
Nach zutreffender Ansicht der heute h.L.42 und Rechtsprechung43 gelten bei
§ 258 StGB für Täterschaft und Teilnahme die allgemeinen Regeln. Kein Vereiteln im Rechtssinne ist daher die bloße Veranlassung von Selbstschutzmaßnahmen des Vortäters. Vorausgesetzt also, der Verteidiger überschreitet die Grenze der Tatherrschaft, was bei einer Konfliktverteidigungsstrategie häufig der Fall sein wird, ist fraglich, ob sein Handeln deshalb ein »Vereiteln« im Rechtssinne ist. Neben problematischen Ansätzen, die dem Verteidiger nur einen besonderen Rechtfertigungsgrund aus Berufs44- oder öffentlichem Recht45 zubilligen oder das Problem auf die subjektive Tatseite zu verlagern46, herrscht heute ein objektiver Vereitelungsbegriff bei § 258 StGB vor. Jedenfalls bei positiver Störung der Wahrheitserforschung soll dabei die Prozeßordnungswidrigkeit die Strafbarkeit der Handlung indizieren. Der Verteidiger müsse sich also der bewußten Verdunkelung des Sachverhalts und jeder sachwidrigen Erschwerung der Strafverfolgung enthalten und sich bei seinem Vorgehen auf verfahrensrechtlich erlaubte Mittel beschränken47.
a) Eine Analyse der neueren Rechtsprechung der Oberlandesgerichte (§
138c I 1 StPO) zeigt, daß unter dieser Prämisse zumindest über die »untere« Grenze strafwürdigen Prozeßverhaltens Einigkeit besteht. In jedem Fall keine Strafvereitelung sei rein prozeßunökonomisches Verhalten. Deshalb ist einem verwerfenden Beschluß des OLG Düsseldorf48 allgemein zugestimmt worden, in dem ein Ausschließungsverfahren gem. § 138a I Nr.
3 StPO nur deshalb eingeleitet wurde, weil wegen der vom Verteidiger veranlaßten Ladung eines Sachverständigen die Vertagung der Hauptverhandlung unumgänglich wurde. Zur Begründung wird ausgeführt, daß es dem Verteidiger überlassen werden muß, in welchem Stadium der Hauptverhandlung er einen Beweisantrag stelle. Dies ist in der Tat eine Selbstverständlichkeit: „Nicht der Verteidiger ist verpflichtet, einen Beweisantrag zu dem vom Gericht für angemessen gehaltenen Zeitpunkt zu stellen, sondern das Gericht ist verpflichtet, Beweisanträge bis zum Beginn der Urteilsverkündigung entgegenzunehmen“49. Was für Ausnahmefälle
»schikanöser« Anträge zu gelten hat, blieb offen. Auf dieser Linie liegt auch eine Entscheidung des KG50 in einem weiteren Ausschließungsverfahren, bei dem der Verteidiger vor dem Schöffengericht um eine Terminsaufhebung gebeten hatte, jedoch einen Tag vorher in anderer Sache vor dem Einzelrichter aufgetreten war. Ein Verteidiger müsse wegen seiner Beistandsfunktion häufig Anträge stellen, die mitunter zu einer erheblichen Verzögerung des Verfahrens führen könnten. Dies sei zulässig. Das gelte
jedoch nicht mehr für solche Handlungen, die mit der Zielrichtung vorgenommen würden, den Beschuldigten der Bestrafung zu entziehen. Ein solcher Verdacht bestand im zu entscheidenden Fall jedoch nicht51. Mit derselben Begründung hat jüngst auch das OLG Hamburg52 die Anwendung des § 138a I Nr. 3 StPO für den Fall verneint, daß ein Verteidiger in der Absicht, die Hauptverhandlung „in ein politisches Forum zu verwandeln“ und „verängstigte junge Zeugen zu destabilisieren“ durch zahlreiche offensichtlich unbegründete Anträge und Erklärungen die Sachaufklärung in einem Jugendstrafverfahren behindert. Zuletzt hat das OLG Koblenz53 in einem Fall, in dem die Verteidigerin dem Mandanten geraten hatte, nicht zur Hauptverhandlung zu erscheinen, den objektiven Tatbestand des § 258 StGB als erfüllt angesehen. Die Verteidigerin »rechtfertigte« diesen Rat an den Mandanten damit, daß ein Antrag auf Richterablehnung wegen Befangenheit zu stellen sei. Der Senat sah hierin eine sachwidrige Erschwerung der Strafverfolgung. Auch habe die Rechtsanwältin direkten Vorsatz hinsicht- lich des Taterfolgs gehabt, denn sie habe gerade den Rat an den Mandanten erteilt, um ihre Verteidigung besser vorbereiten zu können54.
b) Das Schrifttum hat sich bislang der Fragestellung eher kursorisch angenommen, kommt aber zu ähnlichen Resultaten wie die oberlan- desgerichtliche Rechtsprechung. Strafvereitelung könne danach vorliegen, wenn sich die Stellung von Verteidigeranträgen oder das sonstige Prozeßverhalten als inadäquat55 oder schikanös56 erweise. Strafbarkeit gem.
§ 258 StGB könne somit gegeben sein bei
• der mehrfachen Wiederholung eines wegen Verschleppung gem. § 244 III 2
StPO abgelehnten Beweisantrags trotz eindeutiger Beweislage57
• der Stellung von verzögerlichen Beweisanträgen, um den erhofften Verlust eines Beweismittels eintreten zu lassen, z.B. das alsbaldige Ableben eines moribunden Zeugen58
• mißbräuchlich gestellten Beweisanträgen, die den alleinigen Zweck verfolgten, das Verfahren auf unbestimmte Zeit zu verzögern59
• einem Aussetzungsantrag, der gestellt wird, damit die Frist des § 78c III StGB
verstreicht oder das entscheidende Beweismittel verlorengeht60
3. Die Unterscheidung von Strafvereitelung und Strafjustizvereitelung Die bisher abgefragten Stellungnahmen in Wissenschaft und Rechtsprechung leiden freilich daran, daß ihr Ausgangspunkt anfechtbar ist. Die axiomatische und ergebnisorientierte Wertung, der Verteidiger sei Teilhaber und nicht Gegner der staatlichen Rechtspflege und daher in das allgemeine Prozeßziel eingebunden, verdeckt nur den Zusammenhang, daß es ein Prozeßziel überhaupt nicht gibt. Zahlreiche verschiedene Zwecke konkurrieren miteinander. Auf verfassungsrechtlicher Ebene werden dabei die individualschützenden Funktionen des Verfahrens für den Verteidigten und den Verteidiger regelmäßig gegen die »Funktionstüchtigkeit der Strafrechtspflege« ausgespielt. Die Dimension der Staatsunabhängigkeit der Verteidigung und seine privatautonome Bindung an den Mandanten über §
675, 662, 611 ff. BGB wird in der Regel vollständig ausgeblendet. Dieser methodische Ansatz steht mit geltendem Verfassungsrecht nicht in Einklang. Nach der neueren Rspr. des BVerfG65 lassen sich nämlich Einschränkungen vorbehaltlos gewährter Grundrechte „nicht formelhaft mit allgemeinen Zielen wie etwa dem »Schutz der Verfassung« oder der
»Funktionstüchtigkeit der Strafrechtspflege« rechtfertigen“. Dieser Gedanke ist auch auf das Freiheitsrecht des Art. 12 I GG für den Verteidiger übertragbar66. Es spricht deshalb alles dafür, sich von dieser Argumentationsfigur im grundrechtssensiblen Bereich der Strafverteidigung zu verabschieden.
a) Der damit offengelegte Zusammenhang muß sich auch für die Beurteilung der materiell-rechtlichen Strafbarkeit auswirken. Zentral für die verfassungsrechtlich aufgeklärte, wortlautgebundene Beurteilung von Strafvereitelung durch »Konfliktverteidigung« ist deshalb die auf Beling67 zurückgehende Unterscheidung zwischen Strafvereitelung und Strafjustizvereitelung. Bloße Strafjustizvereitelung liegt danach vor, wenn der Handelnde oder Unterlassende bewirkt, daß die Vornahme eines rechtlich zulässigen Strafprozeßaktes gegen einen anderen gehemmt oder vereitelt wird. Die Lahmlegung oder Ablenkung der Strafjustiz ist nach dieser Auslegung grundsätzlich keine Strafvereitelung. Diesem Wortlautverständnis ist schon deshalb beizutreten, weil Strafjustizver- eitelung i.e.S. in den strafnormähnlichen Vorschriften der §§ 176 ff. GVG geregelt ist. Dies zeigt, daß sedes materiae des Problems
»Konfliktverteidigung« nur eine bewußte Entscheidung des Gesetzgebers zugunsten einer contempt of court-Regelung im Gerichtsverfassungsrecht sein könnte.
b) Dieses vorläufige Ergebnis aus dem systematischen Verhältnis der Sitzungspolizei zum Strafprozeßrecht wird durch die Aufarbeitung der Diskussion um eine strafprozessuale Mißbrauchsklausel in den siebziger Jahren jedenfalls nicht widerlegt. Die Stellungnahme des Bundesrats zum Regierungsentwurf eines Zweiten Gesetzes zur Reform des Strafverfahrensrechts sah folgenden, neuzuschaffenden § 138b StPO-E vor:
»Ein Verteidiger ist auch dann von der Mitwirkung in einem Verfahren auszu- schließen, wenn er mit rechtswidrigen Mitteln die geordnete Durchführung der Hauptverhandlung absichtlich und gröblich gefährdet, sofern die Ausschließung erforderlich ist, um weiteren Gefährdungen zu begegnen«
Der Bundesrat hat damit vor allem folgende fünf Fälle von
Verteidigerverhalten erfassen wollen68:
• Wiederholtes Stellen bereits abgelehnter Anträge
• Weiterreden trotz Wortentzugs und Abmahnung
• Gröbliche Beleidigungen
• Zeugeneinschüchterungen und
• Gewalttätigkeiten durch den Verteidiger
Die Überschneidung mit den heute unter dem Stichwort
»Konfliktverteidigung« diskutierten Fällen liegt auf der Hand. Diese Vorschrift trat allerdings nie in Kraft. Die nicht zuletzt auf den Bestimmtheitsgrundsatz rekurrierende ablehnende Position setzte sich im Oktober 1974 sowohl im Plenum69 als auch im Rechtsausschuß70 durch. Auch ein zweiter Vorstoß Ende Januar 1975 blieb erfolglos. In den Beratungen ging man nun aber interessanterweise davon aus, daß es einen Deckungsbereich zwischen § 138a I Nr. 3 StPO i.V.m. § 258 StGB und dem neuen § 138b StPO-E geben würde. Insbesondere die absichtliche Prozeßverschleppung konnte nach den Vorstellungen der Entwürfe aus-drücklich auch § 138a I StPO und damit dem objektiven Tatbestand des §
258 StGB unterfallen71. Folgte man dieser Interpretation, ginge ein mögliches historisch-genetisches Argument dahin, daß kompensatorische (Konflikt-) Verteidigung Strafvereitelung sein kann, weil dies immerhin - wenn auch in den Details unklar - dem Willen der Entwurfsverfasser entsprach. Dagegen spricht jedoch zum einen, daß sich der Entwurf nur mittelbar mit § 258 StGB selbst befaßte. Zum anderen hat sich der historische Gesetzgeber durch die Nichtumsetzung des § 138b StPO-E gerade im Ergebnis dagegen entschieden, einen solchen »Mißbrauch« pro- zessualer Rechte unmittelbar zum Ausschließungsgrund für den Verteidiger zu erheben. Dies würde mit einer im Schrifttum vertretenen Ansicht72 dafür sprechen, daß § 138a I Nr. 3 StPO i.V.m. § 258 StGB für Prozeßsabotage keine Auffangfunktion haben darf. Obwohl manches für diese Auslegung streitet, ist sie doch ebenfalls nicht vollends zwingend. Die Nichteinfügung einer im Gesetzgebungsverfahren diskutierten Vorschrift führt nicht zu einer Auslegungssperre für die Gerichte73. Die Gegenansicht74 argumentiert daher, die Nichtnormierung des § 138 StPO-E habe allein zur Konsequenz, daß ein Spezialtatbestand für Prozeßsabotage und -vereitelung durch den Strafverteidiger nicht existiere. Dessen ungeachtet seien die §§ 138 I Nr. 3
StPO i.V.m. 258 StGB bei obstruktivem Verteidigerhandeln mit offen- kundiger Störungsabsicht nach wie vor einschlägig.
c) Damit kann letztlich nur eine teleologische Auslegung des § 258 StGB erweisen, ob Strafjustizvereitelung tatsächlich nicht erfaßt wird. Als Erfolgsdelikt verlangt § 258 StGB, daß die Verteidigertätigkeit für den Eintritt des Vereitelungserfolges ursächlich geworden sein muß. Die moderne Dogmatik trennt bei den Erfolgsdelikten die empirische Kausalitäts- von der normativen Zurechnungsebene. Objektiv zurechenbar ist ein Verhalten nur dann, wenn es die rechtlich mißbilligte Gefahr des Erfolgseintritts geschaffen hat und sich gerade diese Gefahr tatsächlich realisiert75. Die Verantwortlichkeit für das Verfahren ist beim »Staat« in Gestalt des inquirierenden Richters konzentriert. In dieser Aufgabe wird er in der Hauptverhandlung vom Staatsanwalt unterstützt (Nrn. 127, 128
RiStBV). Der Autonomiebereich der Strafverteidigung kommt in der verfassungsrechtlich durch Art. 97 GG geforderten richterlichen Unabhängigkeit an seine Grenzen. Grundsätzlich stehen damit der objektiven Zurechnung des Vereitelungserfolges die einfachrechtlichen Prüfungs- und Kontrollpflichten des Gerichts entgegen. Wiederum Beling76 hat die Aussage, der Verteidiger dürfe nicht wegen Begünstigung aus dem Verfahren ausgeschlossen werden, bereits mit der Erwägung gerechtfertigt,
„daß alle Schritte des Verteidigers unter der Prüfung des Gerichts stehen“.
Der Sache nach hat sich der BGH77 dieses Argument zu eigen gemacht, um die Vor- satzanforderungen beim Strafverteidiger bei Delikten heraufzusetzen, die mit § 258
StGB ideal konkurrieren. Danach wird der Verteidiger Beweismittel „im Regelfall mit dem inneren Vorbehalt verwenden, das Gericht werde sie seinerseits einer kriti- schen Prüfung unterziehen und ihre Fragwürdigkeit nicht übersehen“. Bislang wurde er Gedanke aber nicht auf § 258 StGB selbst übertragen.
Zahlreiche Regelungen übertragen nun gerade dem Vorsitzenden oder dem Gericht die Prüfungskompetenz und damit auch die Entscheidung darüber, ob der Verteidiger oder ein anderer Verfahrensbeteiligter Rechte
»mißbräuchlich« nutzt (§§ 26a I Nr. 3, 241, 244 III, V, 245 II, 257a, 266 III
1 StPO). Für den formellen Ablauf der Hauptverhandlung gilt § 238 I StPO78. Die sitzungspolizeilichen Vorschriften konzentrieren die Zuständigkeit ebenfalls beim Vorsitzenden (§§ 176, 180 GVG). Anderen Prozeßbeteiligten steht von Gesetzes wegen daher nicht das Recht zu, nach eigenen Vorstellungen den Prozeßablauf zu gestalten und nach eigenem Dafürhalten die Bedingungen, unter denen verhandelt werden soll, zu diktieren: „All dies ist zunächst in die Hand des Vorsitzenden gelegt“79. Im Umkehrschluß ergibt sich hieraus der Grundsatz, daß die Strafprozeßordnung Fehler des Verfahrens nicht anderen Prozeßbeteiligten, sondern stets dem Gericht zurechnet. Deshalb sind Übergriffe der Strafverteidigung in diesen Autonomiebereich jedenfalls dann nicht objektiv zurechenbar, wenn eingetretene Erfolge für das Rechtsgut des § 258 StGB auf der Nichtausnutzung vorhandener strafprozessualer Gestaltungsmöglichkeiten durch das Gericht beruhen. Es realisiert sich in den Fällen des Gebrauchs prozessualer Rechte, bei denen das Gericht seinerseits über normierte Prüfungs- und Kontrollrechte verfügt, grundsätz- lich ein autonomes Recht der Verteidigung, kein tatbestandsspezifisches Risiko der Strafvereitelung.
d) Davon ausgenommen sind nur die Fälle, in denen die Strafprozeßordnung gerade keine Ermächtigungsgrundlage für richterliches Handeln bereithält. Dieser Rechtszustand darf unter dem Grundgesetz nicht zur Mißbrauchskontrolle ohne formelles Parlamentsgesetz führen, auch nicht bei einer für die Belange der Justizpraxis im Anschluß an BGHSt 38, 111 konvenierenden Beschränkung auf »extremen« Mißbrauch80. Nur für die verbleibenden Fälle, in denen die Verteidigung »mißbräuchlich« handelt, bei strikt positivistischer Mißbrauchsabwehr die gesetzliche Regelung aber lückenhaft ist, stellt sich noch die Frage nach einer Strafbarkeit der Strafjustizvereitelung. Von einer erstarkenden Meinung im Schrifttum81 wird an dieser Stelle darauf verwiesen, daß der Mißbrauch prozessualer Rechte nur dort zu bekämpfen ist, wo er entsteht. Dieser Ausgangspunkt ist zutreffend. Die Mißbrauchsabwehr hat damit allein im Verfahrensrecht stattzufinden, nicht im materiellen Strafrecht. Die Theorie vom Vorrang des Prozeßrechts kann sowohl über den ultima ratio-Gedanken als auch über das Subsidiaritätsprinzip erklärt werden82.
V. Ergebnis
Stellt das Prozeßrecht im Einzelfall keine ausreichende Eingriffsgrundlage bereit, ist es im grundrechtssensiblen Bereich der Strafverteidigung nach der Wesentlichkeitstheorie allein Aufgabe des parlamentarischen Gesetzgebers, solche Normen zu schaffen (Art. 20 III GG). Die Fremdkontrolle von Verteidigerverhalten über das vage und poröse Tatbestandsmerkmal
»vereiteln« in § 258 StGB ist bei Nichtbeachtung dieser verfassungsrechtlichen Vorgaben deshalb stets in der Gefahr, selbstrefe- rentielle Kontrolle richterlicher Vorstellungen über Vertretbarkeit und Sachangemessenheit von Verteidigung in Strafsachen zu werden. Eine solche Zweckmäßigkeitskontrolle ist jedoch ausnahmslos unzulässig, denn die damit verbundene Definitionsmacht des Gerichts über die formelle Verteidigung „ließe das sorgfältig ausbalancierte System prozessualer Befugnisse der verschiedenen Prozeßbeteiligten in sich zusam- menbrechen“83. Deshalb ist jede Form konflikthafter Strafverteidigung, soweit sie nur das Verfahren und seinen Abschluß behindert, erschwert oder
vereitelt, schon objektiv-tatbestandlich keine Strafvereitelung.
1 Mauz, in: Politische Prozesse ohne Verteidigung?, (Hrsg.) W. Dreßen, Berlin
1976, S. 9.
2 Wassermann, NJW 1993, 895 (899); Ankermann, DRiZ 1993, 67 (69).
3 Fischer, NStZ 1997, 212 f.; Perron, ZStW 108 (1996), 128; Schlüchter, GA
1994, 397; Rieß, NStZ 1994, 409 (410).
4 Meyer-Goßner/Ströber, ZRP 1996, 354 (356). Krit. Barton, StV 1996, 690 (694) und gegen ihn wiederum dies., StV 1997, 212 (215).
5 Bertram, ZRP 1996, 46 (48); Caesar, RuP 1994, 131; Kintzi, DRiZ 1994, 325.
6 Ausführlich dazu Verf., »Konfliktverteidigung« und Inquisitionsmaxime, Ba- den-Baden (erscheint: Frühjahr 1998), S. 36 ff.
7 BGH, StV 1996, 470; BGHSt 36, 133 (137). Dies gilt nach BGHSt 42, 94 (95)
auch für den Pflichtverteidiger.
8 Gerhardt, ZRP 1974, 125 (126 f.); Baumann, ZRP 1975, 38 (41); Herrmann, JuS 1976, 413 (418); AK-Strafprozeßreform, Die Verteidigung, Heidelberg
1979, S. 136.
9 So Dünnebier, FS-Pfeiffer (1988), 265 (272); Vogel, NJW 1978, 1217 (1224).
10 Gössel, in: Verhandlungen des 60. DJT, Bd. I, München 1994, S. C 85 ff.
11 Kröpil, ZRP 1997, 9 (13); ders., JR 1997, 315; ders., DRiZ 1996, 448 (452) sowie Berg, DRiZ 1994, 380 (384); Caesar, RuP 1994, 131 (133); BMI, Zehn Schritte zur Verbesserung der Sicherheitslage, Pressemitt. vom 19.08.1997, S.
7 unter Bezugnahme auf BGHSt 38, 111 (s. u. III): „Vornehmlich in Verfahren zur Organisierten Kriminalität gehört es zur Taktik der sogenannten
»Konfliktverteidigung«, durch immer neue Beweisanträge das Gericht zu zermürben und möglicherweise zu einem »deal« zu bewegen sowie durch Provokation von Verfahrensfehlern mögliche Revisionsgründe zu schaffen“.
12 BR-Drucks. 633/95. Zur Kritik Freund u.a., ZRP 1995, 269 ff.; Gössel, JR
1995, 364 ff.
13 Bertram, NJW 1994, 2186 (2188). Symptomatisch Bräutigam, FAZ Nr. 268 v.
18.11.1993, S. 10: „Die strafprozessuale Ordnung ist stumpf. Die oberge- richtliche Rechtsprechung läßt die Praxis im Stich. Abhilfe tut bitter not, (...)“.
14 LG Wiesbaden, NJW 1994, 409.
15 LG Ansbach, StV 1995, 287. Zum entsprechenden Problem beim
Pflichtverteidiger nun auch OLG Hamburg (s. Fn. 28).
16 So auch Fischer, NStZ 1997, 212 (215); Barton (o. Fn. 4); Scheffler, NStZ
1996, 67 (69); Asbrock, StV 1995, 240 (241); Mehle, StraFo 1995, 2.
17 § 1 III BO hat die Aufgaben des Verteidigers im Strafverfahren im Anschluß an das BVerfG (2. Kammer des Ersten Senats), NStZ 1997, 35 auch verfassungsrechtlich zutreffend positioniert. Eine darüber hinausgehende inhaltliche Präzisierung der §§ 43, 43a III 1 BRAO wurde von der Satzungsver- sammlung verworfen. Diese Zurückhaltung entspricht aber gerade der Grundidee des Art. 12 I GG, der von der unreglementierten Selbstbestimmung des Einzelnen ausgeht (Kleine-Cosack, NJW 1997, 1257 [1260 f.]; krit. Zuck, MDR 1997, 325 [327]).
18 Malmendier, NJW 1997, 227 (232); Lantzke, JR 1973, 357 (361); Remagen- Kemmerling, Ausschluß des Strafverteidigers, Berlin 1992, S. 75; Lukanow, Mißbrauch der Verteidigerstellung, Bonn 1953, S. 77.
19 Lampe, JZ 1974, 696 (699 mit Fn. 40).
20 Donus, Ausschließung des Verteidigers, Diss. Tübingen 1978, S. 134.
21 Brei, Grenzen zulässigen Verteidigerverhaltens, München 1991, S. 309.
22 Beulke, Strafbarkeit des Verteidigers, Heidelberg 1989, Rdnr. 102.
23 I.d.S. auch Rüping, JZ 1997, 865 (869); Malmendier, NJW 1997, 227; Meyer- Goßner/Ströber, ZRP 1996, 354 (357); dies., StV 1997, 212 (213 f.); Asbrock¸ StV 1995, 240; Barton, StV 1995, 290 (292).
24 Ausführliche Zusammenstellung mit Belegen bei Verf. (o. Fn. 6), S. 24 ff.
25 Nach der Rspr. also Beweisanträge, „die nach allen Umständen des Falles von vornherein keine Aussicht auf Erfolg gehabt hatten“ (LG Ansbach, StV 1995,
287 [288]) oder „die nur dem Kopf eines Strafverteidigers, nicht dem Kopfe ei- nes normalen Angekl. erwachsen können“ (LG Oldenburg, StV 1987, 523). Zu recht abl. hierzu Scheffler, NStZ 1996, 67 (69); W. Meyer, StV 1987, 524.
26 Immerhin können die Abhandlungen von Weber, GA 1975, 289 und Rüping/Dornseifer, JZ 1977, 417 nach zutreffender Einschätzung von Niemöller, StV 1996, 501 f. noch heute für sich in Anspruch nehmen, den Stand der Theorie vom Institutsmißbrauch zu repräsentieren.
27 Brei (o. Fn. 21), S. 298; Breucker, Verteidigungsfremdes Verhalten, Berlin
1993, S. 37; Lamberti, Strafvereitelung durch Strafverteidiger, Diss. Münster
1988, S. 11; Schautz, Grenzen des Verteidigerhandelns, Diss. Würzburg 1988, S. 113 f.; Stryz, Strafverteidigung und Strafvereitelung, München 1983, S. 83.
28 OLG Hamburg, Beschl. v. 17.11.1997 (2 Ws 255/97) unter 2 a bb; LG Ansbach, StV 1995, 287 (288); LG Wiesbaden, NJW 1995, 409 (410); Kröpil, ZRP 1997, 9 (12).
29 BGHSt 6, 46 (59); S/S-Stree, 25. A., vor § 13 StGB, Rdnr. 158.
30 BGH, Urt. v. 29.09.1982 (2 StR 214/82), UA, S. 8; Urt. v. 25.02.1981 (4 StR
98/81), UA, S. 3 - beide unveröff.; Rudolphi, JuS 1979, 859 (861).
31 Dazu Wassermann, NJW 1994, 1106 f. u. 1708; Bertram, NJW 1994, 2186 (2187); Widmaier, NStZ 1994, 414 (415); Schäuble, RuP 1994, 134 (136). Die Prozeßgeschichte findet sich offenbar sowohl im Bericht des Strafrechtsaus- schusses für die 65. Konferenz der Justizminister 1994 (Typoskript S. 80) als auch im Redebeitrag des Abg. Geis in den Beratungen zum 2. ReEntlG (BT- Prot. 13/172 v. 24.04.1997, S. 15568) wieder.
32 Beulke (o. Fn. 22), Rdnr. 132.
33 Samson, JA 1982, 181 (183); Vormbaum, Schutz des Strafurteils, Berlin 1987, S. 404 ff.
34 BT-Drucks. 7/550, S. 249 und h.M.: BGH, NJW 1984, 135; Stree, JuS 1976,
137 (140); LK-Ruß, 11. A., § 258 StGB, Rdnr. 10.
35 OLG Koblenz, NJW 1982, 2785 (2786).
36 RGSt 73, 331 (332).
37 BGH, NJW 1959, 494 (495).
38 KG, StV 1988, 141. KG, JR 1985, 24 (25) hatte sogar eine Verzögerung von acht Tagen nicht ausreichen lassen.
39 BGHSt 30, 77 (78); Verf., StV 1996, 259 (261); Ostendorf, NJW 1978, 1345 (1346); Müller-Dietz, Jura 1979, 242 (245).
40 BGHSt 34, 154 (157); OLG Düsseldorf, NStZ-RR 1997, 81 (82).
41 BGHSt 33, 217 (218) sowie BGH, StV 1996, 528.
42 Rudolphi, FS-Kleinknecht (1985), 379 (386); S/S-Stree, § 258 StGB, Rdnr. 32; SKStGB-Samson, § 258 StGB, Rdnr. 42; Vormbaum (o. Fn. 33), S. 427.
43 BGH, NStZ 1983, 503; NJW 1984, 135; OLG Karlsruhe, StV 1991, 519; OLG Bremen, NJW 1981, 2711. A.A. in der Einschätzung Lackner/Kühl, § 258 StGB, Rdnr. 10; Beulke (o. Fn. 22), Rdnr. 152.
44 Vgl. Vogt, Berufstypisches Verhalten, Aachen 1992, S. 158 ff.
45 Ernesti, JR 1982, 221 (223); KK-Laufhütte, vor § 137 StPO, Rdnr. 6.
46 Seier, JuS 1981, 806 (808).
47 St. Rspr., RGSt 66, 316 (326); BGHSt 2, 375 (377); 38, 345 (348).
48 OLG Düsseldorf, JZ 1986, 408. Zust. Otto, Jura 1987, 329 (330); Parigger, FS-Koch (1989), 199 (207); KK-Laufhütte, § 138a StPO, Rdnr. 13; S/S-Stree,
§ 258 StGB, Rdnr. 20. Ebenso zu einem Antrag auf Ablösung des Sitzungsvertreters der StA OLG Düsseldorf, StV 1994, 472 (473) m. zust. Anm. Ostendorf, JZ 1997, 1104 (1109).
49 BGHSt 21, 118 (123). Aus der Entscheidung kann daher auch entgegen LK- Ruß, § 258 StGB, Rdnr. 20 nicht herausgelesen werden, die Rspr. könne für das Stellen von Beweisanträgen nie zur Strafbarkeit bei § 258 StGB kommen.
50 KG, StV 1988, 141. Dazu auch Schneider, Jura 1989, 343 (344); Scheffler, StV
1992, 299 (300).
51 Deshalb ist auch diese Entscheidung wegen der ausdrücklich vorbehaltenen Rückausnahme entgegen L/R-Lüderssen, § 138a StPO, Rdnr. 94 kein Hinweis auf eine „allgemeine Meinung“, die Prozeßsabotage nicht als Ausschließungsgrund anerkenne.
52 OLG Hamburg, Beschl. v. 17.11.1997 (2 Ws 255/97) unter 2 a aa.
53 OLG Koblenz, NStZ 1992, 146 (147).
54 Daß die Verteidigerin trotzdem nicht verurteilt wurde, hing mit der Besonderheit zusammen, daß sie „jegliche Kenntnis prozessualer Grundsätze“ vermissen ließ.
55 S/S-Stree, § 258 StGB, Rdnr. 20.
56 Scheffler, JR 1993, 170 (173); ders., StV 1993, 470 f.
57 Knapp, AnwBl. 1975, 373 (377); Parigger (o. Fn. 48), S. 208.
58 Beulke, Verteidiger im Strafverfahren, Frankfurt 1980, S. 153.
59 Ulsenheimer, GA 1975, 103 (118); Brei (o. Fn. 21), S. 309.
60 Beulke (o. Fn. 58).
61 Ulsenheimer, GA 1975, 103 (118); Donus (o. Fn. 20), S. 133. Nach Knapp (o.
Fn. 57) sollen sogar unzulässige Ablehnungsgesuche ausreichen.
62 Dahs, NJW 1975, 1385 (1390).
63 Krekeler, NStZ 1989, 146 (151); Lamberti (o. Fn. 27), S. 177.
64 Tröndle, 48. A., § 258 StGB, Rdnr. 7; Beulke (o. Fn. 22), Rdnr. 102.
65 BVerfGE 81, 278 (293) sowie E 77, 240 (255); Sachs, JuS 1995, 984 (986).
Auch BGHSt 40, 211 (217) bezeichnet »funktionstüchtige Strafrechtspflege«
nunmehr zu recht als »begrifflich unscharfes Verfassungsprinzip«.
66 Überzeugend daher BVerfG, NStZ 1997, 35 m. abl. Anm. Foth.
67 Beling, in: VDB, (Hrsg.) K. Birkmeyer u.a., Bd. 7, Berlin 1907, S. 208. Zu- stimmend auch Samson, JA 1982, 181 (182).
68 BT-Drucks. 7/2526, S. 31.
69 So vor allem der damalige BMJ Vogel, BT-Prot. 7/8229; ders., NJW 1978,
1217 (1223) und die Stellungnahme der BReg., BT-Drucks. 7/3649, S. 9.
70 Ausschußbericht der Abg. Gnädiger und Kunz, BT-Drucks. 7/2989, S. 4 f.
71 Vgl. BT-Drucks. 7/2526, S. 31; CDU/CSU-Entwurf eines Gesetzes zum Schutz der Rechtspflege, BT-Drucks. 7/3116, S. 5 sowie BRats-Drucks. 90/75, S. 6.
72 Lüderssen (o. Fn. 51); SKStGB-Samson, § 258 StGB, Rdnr. 29c; Seelmann, NJW 1979, 1128 (1131).
73 BVerfGE 51, 97 (110); S/S-Eser, § 1 StGB, Rdnr. 46.
74 KMR-Sax, Einl. IV, Rdnr. 29; Ulsenheimer, GA 1975, 103 (118); Knapp (o.
Fn. 57).
75 SKStGB-Rudolphi, vor § 1 StGB, Rdnr. 57; LK-Jescheck, 11. A., vor § 13
StGB, Rdnr. 64; Vormbaum (o. Fn. 33), S. 429.
76 Beling, ReichstrafprozeßR, Berlin/Leipzig 1928, § 38 III (S. 149 f. mit Fn. 3).
77 BGHSt 38, 345 (350 f.).
78 Gerade darin sieht die Rechtsprechung den Grund, warum die Nichtanrufung des Gerichts (§ 238 II StPO) zum Rügeverlust führen soll, vgl. BGHSt 1, 322 (325), 38, 260 (261); BGH, NStZ 1992, 346.
79 BGHSt 25, 55 f.
80 Wie hier Fischer, NStZ 1997, 212 (216); Kempf, StV 1996, 507 (510); Barton, StV 1995, 290; R. Hamm, NJW 1993, 289 (296). A.A. OLG Hamburg (o. Fn.
52); Kröpil, ZRP 1997, 9 (10); Niemöller, StV 1996, 501 (505); Basdorf, StV
1995, 310 (316).
81 Hassemer, in: Beck’sches Formularbuch, (Hrsg.) Hamm/Lohberger, 2. A. (1992), S. 18 f.; Krekeler, NStZ 1989, 146 (152); Mehle, FS-Koch (1989), 179 (187); Heinicke, Der Beschuldigte und sein Verteidiger, München 1984, S. 506 f.; Verf. (o. Fn. 6), S. 371 ff.
82 Dazu auch Verf., Rechtstheorie 27 (1996), 65 (77).
83 Seelmann (o. Fn. 72).
- Zugleich ein Beitrag zur Diskussion um eine allgemeine Miß- brauchsklausel im Strafprozeß -
Die Grenze zwischen dem notwendigen Einsatz des Verteidigers für seinen Mandanten und seiner Strafbarkeit im Rahmen der Strafvereitelung ist seit jeher unbestimmt. Gleichzeitig gewinnt in neuerer Zeit in der rechtspolitischen Debatte die Auffassung an Boden, »Konfliktverteidigung« gefährde das Strafverfahren. Der Beitrag will diese beiden Diskussionsstränge in der Fragestellung zusammenführen, ob der Tatbestand der Strafvereitelung und die Strafjustizvereitelung eine Schnittmenge haben, die Ausgangspunkt für die Abwehr »mißbräuchlichen« Verteidigerverhaltens sein kann.
I. Der rechtspolitische Standort des Problems
„Die Strafverteidigung ist im Gespräch“: Gerhard Mauz, der Gerichtsreporter des SPIEGEL, hat diese Bemerkung vor mehr als zwanzig Jahren1 seinen Überlegungen zum Verteidigerverhalten in sog. Terroristenverfahren vorangestellt. An Aktualität hat sie nicht verloren. Wenn in der derzeitigen rechtspolitischen Debatte über Strafverteidigung verhandelt wird, sind Vokabeln wie Rechtsstaatsschock2 und Formeln wie die von der Krise3, der Misere4 oder gar dem Kollaps5 des deutschen Strafprozesses Thema. Vor allem die Machenschaften unseriöser
»Konfliktverteidiger« hätten zu dieser Entwicklung beigetragen. Der Stand der Diskussion ist damit vorläufiger Höhepunkt einer Entwicklung, in der Strafverteidigung nach den siebziger Jahren zum zweiten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik im Mittelpunkt öffentlich geführter und grundsätzlicher Auseinandersetzung steht. Dieser rechtspolitische Streit soll hier nicht ausgebreitet werden6. Ein wichtiger rechtsdogmatischer Teilaspekt hat allerdings bisher eine nur untergeordnete Rolle gespielt. Wenn nämlich ein rechtlicher Zusammenhang zwischen Konfliktverteidigung und Strafvereitelung bestünde, der über die begriffliche Verwandtschaft hinausginge, müßte die Diskussion um eine allgemeine prozessuale Mißbrauchsklausel gegen formelle Strafverteidigung in einem anderen Licht erscheinen. Dann nämlich würden die Befürworter einer solchen Mißbrauchsklausel etwas einfordern, was bereits vom Tatbestand des § 258 StGB erfaßt ist und dementsprechend über § 138a I Nr. 3 StPO auch für das Prozeßrecht gelten muß. Die präzise Beantwortung dieser Frage ist um so dringlicher, als § 138a I Nr. 3 StPO nach der Recht- sprechung auch schon beim bloßen Verdacht der Strafvereitelung ohne ein anklagereifes Verfahren die Ausschließung des Verteidigers ermöglicht7.
Die auf die breite Ablehnung eines Mißbrauchstatbestandes durch die Strafprozeß- rechtswissenschaft der siebziger Jahre8 fußende Feststellung, die Diskussion um eine allgemeine Mißbrauchsklausel sei überwunden9, hat sich jedenfalls nicht bestätigt. Dieses Desiderat wurde einer breiteren Fachöffentlichkeit schon durch die Diskus- sionen auf dem 60. Deutschen Juristentag 1994 wieder in das Bewußtsein gerufen10. Jedenfalls Einzelbestimmungen der Strafprozeßordnung seien aber so auszugestalten, daß der institutionelle Mißbrauch prozessualer Befugnisse ausge- schlossen sei. Dies hat in jüngerer Zeit vor allem Kröpil11 in dieser Zeitschrift gefordert. In den Vorentwürfen zum 2. Rechtspflegeentlastungsgesetz (ReEntlG) und dem von Baden-Württemberg und Bayern eingebrachten Entwurf12 wurde deshalb trotz aller Beschleunigungsnovellen seit 1974 noch einmal darüber nachgedacht, grundlegende Strukturprinzipien des Strafverfahrens - gerade mit Blick auf das Recht der Verteidigung - wesentlich zu modifizieren.
II. »Stumpfe« StPO - »Scharfes« StGB?
In diesen Erörterungen gewinnt die Ansicht an Boden, Strafprozeßrecht habe dem systematischen Mißbrauch von Verteidigerrechten nichts entgegenzusetzen. Man müsse sich deshalb gerade im Hinblick auf Konfliktverteidigung „vor aller Theorie und dem Repetieren des literarischen Hin und Her“13 die Prozeßwirklichkeit vor Augen führen und handeln. Es sind landgerichtliche Entscheidungen bekannt geworden, bei denen Kommentatoren wegen der Reaktionen der Spruchkörper - im
Wiesbadener Fall der Abbruch des Strafverfahrens14, im Ansbacher Fall der Ausschluß eines Wahlverteidigers wegen »Konfliktverteidigung«15 - auf den Anfangsverdacht der Rechtsbeugung durch die beteiligten Richter aufmerksam gemacht haben. Ob dies zutrifft, mag dahinstehen. Berechtigt ist zumindest die Vermutung, daß hier aus Anlaß oder doch zumindest bei Gelegenheit konkreter Rechtsfälle Rechtspolitik betrieben wurde16. Weitgehende Einigkeit besteht aber darin, daß eine prozessuale Mißbrauchsklausel derzeit nicht positiviert ist. Die sitzungspolizeilichen Vorschriften des Gerichtsverfassungsrechts sind mit Blick auf den eindeutigen Wortlaut der §§ 176 ff. GVG, der den Verteidiger bewußt nicht erwähnt, kein probates Mittel gegen den Mißbrauch des Strafverfahrens. Das Standesrecht ist wegen der »Revolutionsentscheidungen« BVerfGE 76,
171/196 nach einer Dekade der Rekonvaleszenz seit dem Inkrafttreten der Berufsordnung am 11. März 1997 nunmehr freiheitliches Berufsrecht17. Folglich wird die Ausschließung des Strafverteidigers trotz des Fehlens einer allgemeinen Mißbrauchsklausel im Schrifttum als denkbarer (Um)Weg angesehen, um das Verfahren vor dem sabotagebereiten Verteidiger zu schützen18. Strafvereitelung und Prozeßsabotage dürften sich - so liest man -
„meistens“19 oder doch zumindest „in aller Regel objektiv decken“20. Die
Rechtsprechung zögert bisher, diese Konsequenz im Einzelfall tatsächlich zu ziehen. Es würde freilich dem oben dargestellten rechtspolitischen Trend nicht widersprechen, wenn diese Scheu im Schwinden begriffen wäre. Für die Strafbarkeit des mißbräuchlichen Beweisantrags bei § 258 StGB wurde deshalb bereits darauf hingewiesen, daß bei dem Gelingen des Nachweises der Obstruktionsabsicht „sich die Gerichte aller Voraussicht nach nicht zurückhalten (werden), um stellvertretend ein Exempel zu statuieren“21. Es stellt sich damit die Frage, ob Prozeßvereitelung Strafvereitelung sein kann. Denn was dem Verteidiger erlaubt ist, liegt schon für alltägliche Fallkonstellationen im Dunkeln. Dies gilt erst recht für »Konfliktverteidigung«. Gerade deshalb resümiert Beulke22 als Fazit seiner
Betrachtungen zum Umschlagen von Prozeßverzögerung in Strafvereitelung
„nur eine weitgehende Ungewißheit in allen angeschnittenen Rechtsfragen“. Dieser Frage soll deshalb im folgenden nachgegangen werden.
III. Zum Begriff der Konfliktverteidigung
Bei dem Begriff »Konfliktverteidigung« handelt sich hier um eine Gattungsumschreibung rechtsmißbräuchlicher Verteidigungsstrategien23. Eine vollständige Kategorisierung der Verhaltensweisen ist zur Rationalisierung der rechtspolitischen Diskussion zwar dringend erforder- lich, für die Beantwortung der hier zu behandelnden konkreten Fragestellung aber auch entbehrlich. Denn unter dem Fokus der Frage nach der Strafbarkeit solcher Verhaltensweisen scheiden zahlreiche Phänomene von vornherein aus. Vorliegend interessieren vor allem Strategien der Verteidigung, die den (frühestmöglichen) Eintritt des Minimalziels
»Abschluß des Strafverfahrens« verhindern oder erheblich verzögern. In eine solche Kasuistik24 gehören Verhaltensweisen wie das obstruktive Wie die Aufzählung erkennen läßt, ist es kaum möglich, derartige Verhaltensweisen ohne Zuhilfenahme adjektivischer Begrifflichkeiten eindeutig als »konflikthaft« zu etikettieren. Während das Stellen von 8 Be- weisanträgen in einer mehrtägigen Hauptverhandlung vor dem Landgericht selten konflikthaft sein wird, könnte man eher geneigt sein, das Ankündigen von 8.500 Beweisanträgen wie in der Konstellation des leading case BGHSt
38, 111 als »Konfliktverteidigung« zu bezeichnen. In dem weiten Feld dazwischen behelfen sich Wissenschaft und Praxis mit normativen Beschreibungen wie illoyal, mißbräuchlich, obstruktiv, schikanös, sy- stemwidrig, dysfunktional, wesens-, verfahrens- oder verteidigungsfremd und gemischt empirisch-normativen Begriffen wie exzessiv und inflationär. Ob es hierfür einen gemeinsamen theoretischen Bezugsrahmen gibt, der die Begriffsbildung jenseits von Tautologien fördern kann, ist m.E. sehr zwei- felhaft26. Die Hypothesen der Theorie vom Institutsmißbrauch werden aber insbesondere von der neueren monographischen Literatur zur Strafvereitelung durch Strafverteidigung bereitwillig rezipiert27. Mißbrauch von Verteidigerrechten ist auf dem Boden dieser Lehre ein Verhalten, bei dem der Verteidiger seine prozessuale Rechtsstellung dazu ausnutzt, durch unzulässige Mittel die Durchführung des Verfahrens zu verzögern oder zu erschweren. Diese Theorie beschränkt daher den Anwendungsbereich einzelner Normen oder Rechtsinstitute der Strafprozeßordnung unter teleologischen Gesichtspunkten. Solche Normen werden aber erst im Verfahren - vor allem in der Hauptverhandlung - lebendig. Bezeichnend für
»Konfliktverteidigung« ist damit zum einen, daß sie sich nur über den Erfolg von sonstigen Prozeßhandlungen abgrenzen lassen. Dadurch wird der eigentliche Begriffsinhalt - oftmals wohl bewußt - in der Schwebe gehalten: Typisch seien Handlungen, die im Ergebnis auf eine Verhinderung der Strafrechtspflege hinausliefen oder einen Verfahrensabschluß in angemessener Zeit in Frage stellten28. Zum anderen ist für den Begriff konstitutiv, daß die sichtbare Konflikthaftigkeit der Handlung des Verteidigers betont wird. Materiell-strafrechtlich formuliert liegt daher der
„Schwerpunkt der Vorwerfbarkeit“29 nicht im Unterlassen »loyaler« und
»funktionaler« Handlungen, sondern in einem aktiven Tun. Konfliktverteidigung kann daher verstanden werden als jedes von einem entsprechenden Willen getragene Tun des Verteidigers, das unter Negation der Verfahrensherrschaft des Gerichts die (schnellstmögliche) Erreichung der Ziele des Strafverfahrens unter »Nichtführung sachbezogener Verteidi-
gung« hemmen oder unmöglich machen soll.
IV. »Konfliktverteidigung« als Strafvereitelung?
1. Taterfolg: Die »geraume Zeit« bei der Prozeßverzögerung
Es erscheint einleuchtend, daß solche Verhaltensweisen sehr schnell in den Einzugsbereich des objektiven Tatbestandes von § 258 StGB kommen können. Dessen Taterfolg tritt nämlich dann ein, wenn die Strafe des
»anderen« geringer ausfällt, als es dem Gesetz gemäß ist. Eine vollendete Strafvereitelung ist also jedenfalls dann gegeben, wenn das Täterverhalten eine völlige oder teilweise Einstellung des Verfahrens, einen Freispruch oder eine zu milde Bestrafung bewirkt, mag sich dies auch in einer höheren Instanz noch ändern30. Dies ist für Verteidigerhandeln einschlägig, welches das Strafverfahren unmöglich macht oder doch zumindest zu einem Verfahrensabschluß führt, der nicht dem materiellen Recht entspricht. Für einen solchen Teil-»Erfolg« konflikthafter Strafverteidigung gibt es seit dem Stuttgarter Rechtsextremistenprozeß in der bundesdeutschen Pro- zeßwirklichkeit ein unrühmliches Beispiel, in dem ein nicht zuletzt durch Verteidigerintervention in die Länge gezogenes Strafverfahren nach der Erkrankung einer Schöffin ergebnislos abgebrochen werden mußte. Das Verfahren spielt gerade auch in der Reformdiskussion zum 2. ReEntlG eine erhebliche Rolle31. Viele Handlungen des Verteidigers werden aber nur zu einer Verzögerung des Strafverfahrens führen, nicht notwendig zur Vereitelung des »gerechten« Verfahrensabschlusses.
Bei solcher Verzögerung kommt es daher entscheidend darauf an, welcher Zeitraum vollendungsgeeignet ist. Darüber besteht Streit. Beulke32 fordert nur, daß die Tätigkeit der Strafverfolgungsorgane unterbunden oder zumindest in eine falsche Richtung gelenkt wird. Andere33 meinen unter Hinweis auf Art. 103 II GG, im Regelfall genüge die Strafvereitelung »auf Zeit« für den Erfolgseintritt überhaupt nicht. Beides vermag nicht zu überzeugen. Richtigerweise ist nach weithin akzeptierter Vorstellung des Gesetzgebers34 auch bereits ein Vereiteln des staatlichen Strafanspruchs »für geraume Zeit« noch vom Wortlaut gedeckt. Um- stritten ist in der Rechtsprechung aber, wie dieser Zeitraum zu bestimmen ist. Wäh- rend das OLG Koblenz35 eine Verzögerung von ein bis zwei und das RG36 drei Tage
für ausreichend hielten, hat der BGH37 weniger als sechs Tage noch nicht als
»geraume« Zeit angesehen. In einem vom KG38 entschiedenen Fall wegen einer vom Verteidiger zu vertretenden Terminsaufhebung und Neuterminierung sieben Tage später ging das Gericht deshalb nur vom Versuch des § 258 StGB aus.
Richtig erscheint es, den maßgeblichen Zeitraum jedenfalls beim Handeln des Strafverteidigers aus Gründen der Rechtssicherheit in Übereinstimmung mit der prozessualen Regel des § 229 I StPO zu bestimmen. Dies entspricht dem Rechtsgut des § 258 StGB. Die Vorschrift will den staatlichen Sanktionenanspruch schützen39. Der Gesetzgeber geht nun aufgrund des Konzentrationsgrundsatzes davon aus, daß eine Frist von zehn Tagen die Höchstdauer für eine Unterbrechung der Hauptverhandlung ist. Erst bei längeren Zeiträumen entstehen Gefahren für die Wahrheitsfindung. Der Richterspruch droht zudem nicht mehr unmittelbar aus dem Inbegriff der Hauptverhandlung geschöpft zu werden40. Dies belegt auch § 268 III 2
StPO. Umgekehrt geht der Gesetzgeber aber „davon aus, daß bei Einhaltung der in § 229 StPO vorgesehenen Fristen (...) die Einheitlichkeit und Unmittelbarkeit der Hauptverhandlung gewahrt und der Gefahr begegnet ist, die Urteilsberatung könne sich nicht ausschließlich auf das Ergebnis der Hauptverhandlung gründen“41. Somit kann aber auch der Sanktionenanspruch nicht ernstlich in Gefahr geraten. Damit kann zumindest im Bereich des Strafprozeßrechts die Zehntagesfrist des § 229 I StPO zur Konkretisierung der »geraumen Zeit« herangezogen werden. Bei kürzeren Verfahrensverzögerungen kommt somit nur der - strafbewehrte, §
258 IV StGB - Versuch der Strafvereitelung in Betracht.
2. Tathandlung: Die bisherigen Lösungsansätze
Nach zutreffender Ansicht der heute h.L.42 und Rechtsprechung43 gelten bei
§ 258 StGB für Täterschaft und Teilnahme die allgemeinen Regeln. Kein Vereiteln im Rechtssinne ist daher die bloße Veranlassung von Selbstschutzmaßnahmen des Vortäters. Vorausgesetzt also, der Verteidiger überschreitet die Grenze der Tatherrschaft, was bei einer Konfliktverteidigungsstrategie häufig der Fall sein wird, ist fraglich, ob sein Handeln deshalb ein »Vereiteln« im Rechtssinne ist. Neben problematischen Ansätzen, die dem Verteidiger nur einen besonderen Rechtfertigungsgrund aus Berufs44- oder öffentlichem Recht45 zubilligen oder das Problem auf die subjektive Tatseite zu verlagern46, herrscht heute ein objektiver Vereitelungsbegriff bei § 258 StGB vor. Jedenfalls bei positiver Störung der Wahrheitserforschung soll dabei die Prozeßordnungswidrigkeit die Strafbarkeit der Handlung indizieren. Der Verteidiger müsse sich also der bewußten Verdunkelung des Sachverhalts und jeder sachwidrigen Erschwerung der Strafverfolgung enthalten und sich bei seinem Vorgehen auf verfahrensrechtlich erlaubte Mittel beschränken47.
a) Eine Analyse der neueren Rechtsprechung der Oberlandesgerichte (§
138c I 1 StPO) zeigt, daß unter dieser Prämisse zumindest über die »untere« Grenze strafwürdigen Prozeßverhaltens Einigkeit besteht. In jedem Fall keine Strafvereitelung sei rein prozeßunökonomisches Verhalten. Deshalb ist einem verwerfenden Beschluß des OLG Düsseldorf48 allgemein zugestimmt worden, in dem ein Ausschließungsverfahren gem. § 138a I Nr.
3 StPO nur deshalb eingeleitet wurde, weil wegen der vom Verteidiger veranlaßten Ladung eines Sachverständigen die Vertagung der Hauptverhandlung unumgänglich wurde. Zur Begründung wird ausgeführt, daß es dem Verteidiger überlassen werden muß, in welchem Stadium der Hauptverhandlung er einen Beweisantrag stelle. Dies ist in der Tat eine Selbstverständlichkeit: „Nicht der Verteidiger ist verpflichtet, einen Beweisantrag zu dem vom Gericht für angemessen gehaltenen Zeitpunkt zu stellen, sondern das Gericht ist verpflichtet, Beweisanträge bis zum Beginn der Urteilsverkündigung entgegenzunehmen“49. Was für Ausnahmefälle
»schikanöser« Anträge zu gelten hat, blieb offen. Auf dieser Linie liegt auch eine Entscheidung des KG50 in einem weiteren Ausschließungsverfahren, bei dem der Verteidiger vor dem Schöffengericht um eine Terminsaufhebung gebeten hatte, jedoch einen Tag vorher in anderer Sache vor dem Einzelrichter aufgetreten war. Ein Verteidiger müsse wegen seiner Beistandsfunktion häufig Anträge stellen, die mitunter zu einer erheblichen Verzögerung des Verfahrens führen könnten. Dies sei zulässig. Das gelte
jedoch nicht mehr für solche Handlungen, die mit der Zielrichtung vorgenommen würden, den Beschuldigten der Bestrafung zu entziehen. Ein solcher Verdacht bestand im zu entscheidenden Fall jedoch nicht51. Mit derselben Begründung hat jüngst auch das OLG Hamburg52 die Anwendung des § 138a I Nr. 3 StPO für den Fall verneint, daß ein Verteidiger in der Absicht, die Hauptverhandlung „in ein politisches Forum zu verwandeln“ und „verängstigte junge Zeugen zu destabilisieren“ durch zahlreiche offensichtlich unbegründete Anträge und Erklärungen die Sachaufklärung in einem Jugendstrafverfahren behindert. Zuletzt hat das OLG Koblenz53 in einem Fall, in dem die Verteidigerin dem Mandanten geraten hatte, nicht zur Hauptverhandlung zu erscheinen, den objektiven Tatbestand des § 258 StGB als erfüllt angesehen. Die Verteidigerin »rechtfertigte« diesen Rat an den Mandanten damit, daß ein Antrag auf Richterablehnung wegen Befangenheit zu stellen sei. Der Senat sah hierin eine sachwidrige Erschwerung der Strafverfolgung. Auch habe die Rechtsanwältin direkten Vorsatz hinsicht- lich des Taterfolgs gehabt, denn sie habe gerade den Rat an den Mandanten erteilt, um ihre Verteidigung besser vorbereiten zu können54.
b) Das Schrifttum hat sich bislang der Fragestellung eher kursorisch angenommen, kommt aber zu ähnlichen Resultaten wie die oberlan- desgerichtliche Rechtsprechung. Strafvereitelung könne danach vorliegen, wenn sich die Stellung von Verteidigeranträgen oder das sonstige Prozeßverhalten als inadäquat55 oder schikanös56 erweise. Strafbarkeit gem.
§ 258 StGB könne somit gegeben sein bei
• der mehrfachen Wiederholung eines wegen Verschleppung gem. § 244 III 2
StPO abgelehnten Beweisantrags trotz eindeutiger Beweislage57
• der Stellung von verzögerlichen Beweisanträgen, um den erhofften Verlust eines Beweismittels eintreten zu lassen, z.B. das alsbaldige Ableben eines moribunden Zeugen58
• mißbräuchlich gestellten Beweisanträgen, die den alleinigen Zweck verfolgten, das Verfahren auf unbestimmte Zeit zu verzögern59
• einem Aussetzungsantrag, der gestellt wird, damit die Frist des § 78c III StGB
verstreicht oder das entscheidende Beweismittel verlorengeht60
3. Die Unterscheidung von Strafvereitelung und Strafjustizvereitelung Die bisher abgefragten Stellungnahmen in Wissenschaft und Rechtsprechung leiden freilich daran, daß ihr Ausgangspunkt anfechtbar ist. Die axiomatische und ergebnisorientierte Wertung, der Verteidiger sei Teilhaber und nicht Gegner der staatlichen Rechtspflege und daher in das allgemeine Prozeßziel eingebunden, verdeckt nur den Zusammenhang, daß es ein Prozeßziel überhaupt nicht gibt. Zahlreiche verschiedene Zwecke konkurrieren miteinander. Auf verfassungsrechtlicher Ebene werden dabei die individualschützenden Funktionen des Verfahrens für den Verteidigten und den Verteidiger regelmäßig gegen die »Funktionstüchtigkeit der Strafrechtspflege« ausgespielt. Die Dimension der Staatsunabhängigkeit der Verteidigung und seine privatautonome Bindung an den Mandanten über §
675, 662, 611 ff. BGB wird in der Regel vollständig ausgeblendet. Dieser methodische Ansatz steht mit geltendem Verfassungsrecht nicht in Einklang. Nach der neueren Rspr. des BVerfG65 lassen sich nämlich Einschränkungen vorbehaltlos gewährter Grundrechte „nicht formelhaft mit allgemeinen Zielen wie etwa dem »Schutz der Verfassung« oder der
»Funktionstüchtigkeit der Strafrechtspflege« rechtfertigen“. Dieser Gedanke ist auch auf das Freiheitsrecht des Art. 12 I GG für den Verteidiger übertragbar66. Es spricht deshalb alles dafür, sich von dieser Argumentationsfigur im grundrechtssensiblen Bereich der Strafverteidigung zu verabschieden.
a) Der damit offengelegte Zusammenhang muß sich auch für die Beurteilung der materiell-rechtlichen Strafbarkeit auswirken. Zentral für die verfassungsrechtlich aufgeklärte, wortlautgebundene Beurteilung von Strafvereitelung durch »Konfliktverteidigung« ist deshalb die auf Beling67 zurückgehende Unterscheidung zwischen Strafvereitelung und Strafjustizvereitelung. Bloße Strafjustizvereitelung liegt danach vor, wenn der Handelnde oder Unterlassende bewirkt, daß die Vornahme eines rechtlich zulässigen Strafprozeßaktes gegen einen anderen gehemmt oder vereitelt wird. Die Lahmlegung oder Ablenkung der Strafjustiz ist nach dieser Auslegung grundsätzlich keine Strafvereitelung. Diesem Wortlautverständnis ist schon deshalb beizutreten, weil Strafjustizver- eitelung i.e.S. in den strafnormähnlichen Vorschriften der §§ 176 ff. GVG geregelt ist. Dies zeigt, daß sedes materiae des Problems
»Konfliktverteidigung« nur eine bewußte Entscheidung des Gesetzgebers zugunsten einer contempt of court-Regelung im Gerichtsverfassungsrecht sein könnte.
b) Dieses vorläufige Ergebnis aus dem systematischen Verhältnis der Sitzungspolizei zum Strafprozeßrecht wird durch die Aufarbeitung der Diskussion um eine strafprozessuale Mißbrauchsklausel in den siebziger Jahren jedenfalls nicht widerlegt. Die Stellungnahme des Bundesrats zum Regierungsentwurf eines Zweiten Gesetzes zur Reform des Strafverfahrensrechts sah folgenden, neuzuschaffenden § 138b StPO-E vor:
»Ein Verteidiger ist auch dann von der Mitwirkung in einem Verfahren auszu- schließen, wenn er mit rechtswidrigen Mitteln die geordnete Durchführung der Hauptverhandlung absichtlich und gröblich gefährdet, sofern die Ausschließung erforderlich ist, um weiteren Gefährdungen zu begegnen«
Der Bundesrat hat damit vor allem folgende fünf Fälle von
Verteidigerverhalten erfassen wollen68:
• Wiederholtes Stellen bereits abgelehnter Anträge
• Weiterreden trotz Wortentzugs und Abmahnung
• Gröbliche Beleidigungen
• Zeugeneinschüchterungen und
• Gewalttätigkeiten durch den Verteidiger
Die Überschneidung mit den heute unter dem Stichwort
»Konfliktverteidigung« diskutierten Fällen liegt auf der Hand. Diese Vorschrift trat allerdings nie in Kraft. Die nicht zuletzt auf den Bestimmtheitsgrundsatz rekurrierende ablehnende Position setzte sich im Oktober 1974 sowohl im Plenum69 als auch im Rechtsausschuß70 durch. Auch ein zweiter Vorstoß Ende Januar 1975 blieb erfolglos. In den Beratungen ging man nun aber interessanterweise davon aus, daß es einen Deckungsbereich zwischen § 138a I Nr. 3 StPO i.V.m. § 258 StGB und dem neuen § 138b StPO-E geben würde. Insbesondere die absichtliche Prozeßverschleppung konnte nach den Vorstellungen der Entwürfe aus-drücklich auch § 138a I StPO und damit dem objektiven Tatbestand des §
258 StGB unterfallen71. Folgte man dieser Interpretation, ginge ein mögliches historisch-genetisches Argument dahin, daß kompensatorische (Konflikt-) Verteidigung Strafvereitelung sein kann, weil dies immerhin - wenn auch in den Details unklar - dem Willen der Entwurfsverfasser entsprach. Dagegen spricht jedoch zum einen, daß sich der Entwurf nur mittelbar mit § 258 StGB selbst befaßte. Zum anderen hat sich der historische Gesetzgeber durch die Nichtumsetzung des § 138b StPO-E gerade im Ergebnis dagegen entschieden, einen solchen »Mißbrauch« pro- zessualer Rechte unmittelbar zum Ausschließungsgrund für den Verteidiger zu erheben. Dies würde mit einer im Schrifttum vertretenen Ansicht72 dafür sprechen, daß § 138a I Nr. 3 StPO i.V.m. § 258 StGB für Prozeßsabotage keine Auffangfunktion haben darf. Obwohl manches für diese Auslegung streitet, ist sie doch ebenfalls nicht vollends zwingend. Die Nichteinfügung einer im Gesetzgebungsverfahren diskutierten Vorschrift führt nicht zu einer Auslegungssperre für die Gerichte73. Die Gegenansicht74 argumentiert daher, die Nichtnormierung des § 138 StPO-E habe allein zur Konsequenz, daß ein Spezialtatbestand für Prozeßsabotage und -vereitelung durch den Strafverteidiger nicht existiere. Dessen ungeachtet seien die §§ 138 I Nr. 3
StPO i.V.m. 258 StGB bei obstruktivem Verteidigerhandeln mit offen- kundiger Störungsabsicht nach wie vor einschlägig.
c) Damit kann letztlich nur eine teleologische Auslegung des § 258 StGB erweisen, ob Strafjustizvereitelung tatsächlich nicht erfaßt wird. Als Erfolgsdelikt verlangt § 258 StGB, daß die Verteidigertätigkeit für den Eintritt des Vereitelungserfolges ursächlich geworden sein muß. Die moderne Dogmatik trennt bei den Erfolgsdelikten die empirische Kausalitäts- von der normativen Zurechnungsebene. Objektiv zurechenbar ist ein Verhalten nur dann, wenn es die rechtlich mißbilligte Gefahr des Erfolgseintritts geschaffen hat und sich gerade diese Gefahr tatsächlich realisiert75. Die Verantwortlichkeit für das Verfahren ist beim »Staat« in Gestalt des inquirierenden Richters konzentriert. In dieser Aufgabe wird er in der Hauptverhandlung vom Staatsanwalt unterstützt (Nrn. 127, 128
RiStBV). Der Autonomiebereich der Strafverteidigung kommt in der verfassungsrechtlich durch Art. 97 GG geforderten richterlichen Unabhängigkeit an seine Grenzen. Grundsätzlich stehen damit der objektiven Zurechnung des Vereitelungserfolges die einfachrechtlichen Prüfungs- und Kontrollpflichten des Gerichts entgegen. Wiederum Beling76 hat die Aussage, der Verteidiger dürfe nicht wegen Begünstigung aus dem Verfahren ausgeschlossen werden, bereits mit der Erwägung gerechtfertigt,
„daß alle Schritte des Verteidigers unter der Prüfung des Gerichts stehen“.
Der Sache nach hat sich der BGH77 dieses Argument zu eigen gemacht, um die Vor- satzanforderungen beim Strafverteidiger bei Delikten heraufzusetzen, die mit § 258
StGB ideal konkurrieren. Danach wird der Verteidiger Beweismittel „im Regelfall mit dem inneren Vorbehalt verwenden, das Gericht werde sie seinerseits einer kriti- schen Prüfung unterziehen und ihre Fragwürdigkeit nicht übersehen“. Bislang wurde er Gedanke aber nicht auf § 258 StGB selbst übertragen.
Zahlreiche Regelungen übertragen nun gerade dem Vorsitzenden oder dem Gericht die Prüfungskompetenz und damit auch die Entscheidung darüber, ob der Verteidiger oder ein anderer Verfahrensbeteiligter Rechte
»mißbräuchlich« nutzt (§§ 26a I Nr. 3, 241, 244 III, V, 245 II, 257a, 266 III
1 StPO). Für den formellen Ablauf der Hauptverhandlung gilt § 238 I StPO78. Die sitzungspolizeilichen Vorschriften konzentrieren die Zuständigkeit ebenfalls beim Vorsitzenden (§§ 176, 180 GVG). Anderen Prozeßbeteiligten steht von Gesetzes wegen daher nicht das Recht zu, nach eigenen Vorstellungen den Prozeßablauf zu gestalten und nach eigenem Dafürhalten die Bedingungen, unter denen verhandelt werden soll, zu diktieren: „All dies ist zunächst in die Hand des Vorsitzenden gelegt“79. Im Umkehrschluß ergibt sich hieraus der Grundsatz, daß die Strafprozeßordnung Fehler des Verfahrens nicht anderen Prozeßbeteiligten, sondern stets dem Gericht zurechnet. Deshalb sind Übergriffe der Strafverteidigung in diesen Autonomiebereich jedenfalls dann nicht objektiv zurechenbar, wenn eingetretene Erfolge für das Rechtsgut des § 258 StGB auf der Nichtausnutzung vorhandener strafprozessualer Gestaltungsmöglichkeiten durch das Gericht beruhen. Es realisiert sich in den Fällen des Gebrauchs prozessualer Rechte, bei denen das Gericht seinerseits über normierte Prüfungs- und Kontrollrechte verfügt, grundsätz- lich ein autonomes Recht der Verteidigung, kein tatbestandsspezifisches Risiko der Strafvereitelung.
d) Davon ausgenommen sind nur die Fälle, in denen die Strafprozeßordnung gerade keine Ermächtigungsgrundlage für richterliches Handeln bereithält. Dieser Rechtszustand darf unter dem Grundgesetz nicht zur Mißbrauchskontrolle ohne formelles Parlamentsgesetz führen, auch nicht bei einer für die Belange der Justizpraxis im Anschluß an BGHSt 38, 111 konvenierenden Beschränkung auf »extremen« Mißbrauch80. Nur für die verbleibenden Fälle, in denen die Verteidigung »mißbräuchlich« handelt, bei strikt positivistischer Mißbrauchsabwehr die gesetzliche Regelung aber lückenhaft ist, stellt sich noch die Frage nach einer Strafbarkeit der Strafjustizvereitelung. Von einer erstarkenden Meinung im Schrifttum81 wird an dieser Stelle darauf verwiesen, daß der Mißbrauch prozessualer Rechte nur dort zu bekämpfen ist, wo er entsteht. Dieser Ausgangspunkt ist zutreffend. Die Mißbrauchsabwehr hat damit allein im Verfahrensrecht stattzufinden, nicht im materiellen Strafrecht. Die Theorie vom Vorrang des Prozeßrechts kann sowohl über den ultima ratio-Gedanken als auch über das Subsidiaritätsprinzip erklärt werden82.
V. Ergebnis
Stellt das Prozeßrecht im Einzelfall keine ausreichende Eingriffsgrundlage bereit, ist es im grundrechtssensiblen Bereich der Strafverteidigung nach der Wesentlichkeitstheorie allein Aufgabe des parlamentarischen Gesetzgebers, solche Normen zu schaffen (Art. 20 III GG). Die Fremdkontrolle von Verteidigerverhalten über das vage und poröse Tatbestandsmerkmal
»vereiteln« in § 258 StGB ist bei Nichtbeachtung dieser verfassungsrechtlichen Vorgaben deshalb stets in der Gefahr, selbstrefe- rentielle Kontrolle richterlicher Vorstellungen über Vertretbarkeit und Sachangemessenheit von Verteidigung in Strafsachen zu werden. Eine solche Zweckmäßigkeitskontrolle ist jedoch ausnahmslos unzulässig, denn die damit verbundene Definitionsmacht des Gerichts über die formelle Verteidigung „ließe das sorgfältig ausbalancierte System prozessualer Befugnisse der verschiedenen Prozeßbeteiligten in sich zusam- menbrechen“83. Deshalb ist jede Form konflikthafter Strafverteidigung, soweit sie nur das Verfahren und seinen Abschluß behindert, erschwert oder
vereitelt, schon objektiv-tatbestandlich keine Strafvereitelung.
1 Mauz, in: Politische Prozesse ohne Verteidigung?, (Hrsg.) W. Dreßen, Berlin
1976, S. 9.
2 Wassermann, NJW 1993, 895 (899); Ankermann, DRiZ 1993, 67 (69).
3 Fischer, NStZ 1997, 212 f.; Perron, ZStW 108 (1996), 128; Schlüchter, GA
1994, 397; Rieß, NStZ 1994, 409 (410).
4 Meyer-Goßner/Ströber, ZRP 1996, 354 (356). Krit. Barton, StV 1996, 690 (694) und gegen ihn wiederum dies., StV 1997, 212 (215).
5 Bertram, ZRP 1996, 46 (48); Caesar, RuP 1994, 131; Kintzi, DRiZ 1994, 325.
6 Ausführlich dazu Verf., »Konfliktverteidigung« und Inquisitionsmaxime, Ba- den-Baden (erscheint: Frühjahr 1998), S. 36 ff.
7 BGH, StV 1996, 470; BGHSt 36, 133 (137). Dies gilt nach BGHSt 42, 94 (95)
auch für den Pflichtverteidiger.
8 Gerhardt, ZRP 1974, 125 (126 f.); Baumann, ZRP 1975, 38 (41); Herrmann, JuS 1976, 413 (418); AK-Strafprozeßreform, Die Verteidigung, Heidelberg
1979, S. 136.
9 So Dünnebier, FS-Pfeiffer (1988), 265 (272); Vogel, NJW 1978, 1217 (1224).
10 Gössel, in: Verhandlungen des 60. DJT, Bd. I, München 1994, S. C 85 ff.
11 Kröpil, ZRP 1997, 9 (13); ders., JR 1997, 315; ders., DRiZ 1996, 448 (452) sowie Berg, DRiZ 1994, 380 (384); Caesar, RuP 1994, 131 (133); BMI, Zehn Schritte zur Verbesserung der Sicherheitslage, Pressemitt. vom 19.08.1997, S.
7 unter Bezugnahme auf BGHSt 38, 111 (s. u. III): „Vornehmlich in Verfahren zur Organisierten Kriminalität gehört es zur Taktik der sogenannten
»Konfliktverteidigung«, durch immer neue Beweisanträge das Gericht zu zermürben und möglicherweise zu einem »deal« zu bewegen sowie durch Provokation von Verfahrensfehlern mögliche Revisionsgründe zu schaffen“.
12 BR-Drucks. 633/95. Zur Kritik Freund u.a., ZRP 1995, 269 ff.; Gössel, JR
1995, 364 ff.
13 Bertram, NJW 1994, 2186 (2188). Symptomatisch Bräutigam, FAZ Nr. 268 v.
18.11.1993, S. 10: „Die strafprozessuale Ordnung ist stumpf. Die oberge- richtliche Rechtsprechung läßt die Praxis im Stich. Abhilfe tut bitter not, (...)“.
14 LG Wiesbaden, NJW 1994, 409.
15 LG Ansbach, StV 1995, 287. Zum entsprechenden Problem beim
Pflichtverteidiger nun auch OLG Hamburg (s. Fn. 28).
16 So auch Fischer, NStZ 1997, 212 (215); Barton (o. Fn. 4); Scheffler, NStZ
1996, 67 (69); Asbrock, StV 1995, 240 (241); Mehle, StraFo 1995, 2.
17 § 1 III BO hat die Aufgaben des Verteidigers im Strafverfahren im Anschluß an das BVerfG (2. Kammer des Ersten Senats), NStZ 1997, 35 auch verfassungsrechtlich zutreffend positioniert. Eine darüber hinausgehende inhaltliche Präzisierung der §§ 43, 43a III 1 BRAO wurde von der Satzungsver- sammlung verworfen. Diese Zurückhaltung entspricht aber gerade der Grundidee des Art. 12 I GG, der von der unreglementierten Selbstbestimmung des Einzelnen ausgeht (Kleine-Cosack, NJW 1997, 1257 [1260 f.]; krit. Zuck, MDR 1997, 325 [327]).
18 Malmendier, NJW 1997, 227 (232); Lantzke, JR 1973, 357 (361); Remagen- Kemmerling, Ausschluß des Strafverteidigers, Berlin 1992, S. 75; Lukanow, Mißbrauch der Verteidigerstellung, Bonn 1953, S. 77.
19 Lampe, JZ 1974, 696 (699 mit Fn. 40).
20 Donus, Ausschließung des Verteidigers, Diss. Tübingen 1978, S. 134.
21 Brei, Grenzen zulässigen Verteidigerverhaltens, München 1991, S. 309.
22 Beulke, Strafbarkeit des Verteidigers, Heidelberg 1989, Rdnr. 102.
23 I.d.S. auch Rüping, JZ 1997, 865 (869); Malmendier, NJW 1997, 227; Meyer- Goßner/Ströber, ZRP 1996, 354 (357); dies., StV 1997, 212 (213 f.); Asbrock¸ StV 1995, 240; Barton, StV 1995, 290 (292).
24 Ausführliche Zusammenstellung mit Belegen bei Verf. (o. Fn. 6), S. 24 ff.
25 Nach der Rspr. also Beweisanträge, „die nach allen Umständen des Falles von vornherein keine Aussicht auf Erfolg gehabt hatten“ (LG Ansbach, StV 1995,
287 [288]) oder „die nur dem Kopf eines Strafverteidigers, nicht dem Kopfe ei- nes normalen Angekl. erwachsen können“ (LG Oldenburg, StV 1987, 523). Zu recht abl. hierzu Scheffler, NStZ 1996, 67 (69); W. Meyer, StV 1987, 524.
26 Immerhin können die Abhandlungen von Weber, GA 1975, 289 und Rüping/Dornseifer, JZ 1977, 417 nach zutreffender Einschätzung von Niemöller, StV 1996, 501 f. noch heute für sich in Anspruch nehmen, den Stand der Theorie vom Institutsmißbrauch zu repräsentieren.
27 Brei (o. Fn. 21), S. 298; Breucker, Verteidigungsfremdes Verhalten, Berlin
1993, S. 37; Lamberti, Strafvereitelung durch Strafverteidiger, Diss. Münster
1988, S. 11; Schautz, Grenzen des Verteidigerhandelns, Diss. Würzburg 1988, S. 113 f.; Stryz, Strafverteidigung und Strafvereitelung, München 1983, S. 83.
28 OLG Hamburg, Beschl. v. 17.11.1997 (2 Ws 255/97) unter 2 a bb; LG Ansbach, StV 1995, 287 (288); LG Wiesbaden, NJW 1995, 409 (410); Kröpil, ZRP 1997, 9 (12).
29 BGHSt 6, 46 (59); S/S-Stree, 25. A., vor § 13 StGB, Rdnr. 158.
30 BGH, Urt. v. 29.09.1982 (2 StR 214/82), UA, S. 8; Urt. v. 25.02.1981 (4 StR
98/81), UA, S. 3 - beide unveröff.; Rudolphi, JuS 1979, 859 (861).
31 Dazu Wassermann, NJW 1994, 1106 f. u. 1708; Bertram, NJW 1994, 2186 (2187); Widmaier, NStZ 1994, 414 (415); Schäuble, RuP 1994, 134 (136). Die Prozeßgeschichte findet sich offenbar sowohl im Bericht des Strafrechtsaus- schusses für die 65. Konferenz der Justizminister 1994 (Typoskript S. 80) als auch im Redebeitrag des Abg. Geis in den Beratungen zum 2. ReEntlG (BT- Prot. 13/172 v. 24.04.1997, S. 15568) wieder.
32 Beulke (o. Fn. 22), Rdnr. 132.
33 Samson, JA 1982, 181 (183); Vormbaum, Schutz des Strafurteils, Berlin 1987, S. 404 ff.
34 BT-Drucks. 7/550, S. 249 und h.M.: BGH, NJW 1984, 135; Stree, JuS 1976,
137 (140); LK-Ruß, 11. A., § 258 StGB, Rdnr. 10.
35 OLG Koblenz, NJW 1982, 2785 (2786).
36 RGSt 73, 331 (332).
37 BGH, NJW 1959, 494 (495).
38 KG, StV 1988, 141. KG, JR 1985, 24 (25) hatte sogar eine Verzögerung von acht Tagen nicht ausreichen lassen.
39 BGHSt 30, 77 (78); Verf., StV 1996, 259 (261); Ostendorf, NJW 1978, 1345 (1346); Müller-Dietz, Jura 1979, 242 (245).
40 BGHSt 34, 154 (157); OLG Düsseldorf, NStZ-RR 1997, 81 (82).
41 BGHSt 33, 217 (218) sowie BGH, StV 1996, 528.
42 Rudolphi, FS-Kleinknecht (1985), 379 (386); S/S-Stree, § 258 StGB, Rdnr. 32; SKStGB-Samson, § 258 StGB, Rdnr. 42; Vormbaum (o. Fn. 33), S. 427.
43 BGH, NStZ 1983, 503; NJW 1984, 135; OLG Karlsruhe, StV 1991, 519; OLG Bremen, NJW 1981, 2711. A.A. in der Einschätzung Lackner/Kühl, § 258 StGB, Rdnr. 10; Beulke (o. Fn. 22), Rdnr. 152.
44 Vgl. Vogt, Berufstypisches Verhalten, Aachen 1992, S. 158 ff.
45 Ernesti, JR 1982, 221 (223); KK-Laufhütte, vor § 137 StPO, Rdnr. 6.
46 Seier, JuS 1981, 806 (808).
47 St. Rspr., RGSt 66, 316 (326); BGHSt 2, 375 (377); 38, 345 (348).
48 OLG Düsseldorf, JZ 1986, 408. Zust. Otto, Jura 1987, 329 (330); Parigger, FS-Koch (1989), 199 (207); KK-Laufhütte, § 138a StPO, Rdnr. 13; S/S-Stree,
§ 258 StGB, Rdnr. 20. Ebenso zu einem Antrag auf Ablösung des Sitzungsvertreters der StA OLG Düsseldorf, StV 1994, 472 (473) m. zust. Anm. Ostendorf, JZ 1997, 1104 (1109).
49 BGHSt 21, 118 (123). Aus der Entscheidung kann daher auch entgegen LK- Ruß, § 258 StGB, Rdnr. 20 nicht herausgelesen werden, die Rspr. könne für das Stellen von Beweisanträgen nie zur Strafbarkeit bei § 258 StGB kommen.
50 KG, StV 1988, 141. Dazu auch Schneider, Jura 1989, 343 (344); Scheffler, StV
1992, 299 (300).
51 Deshalb ist auch diese Entscheidung wegen der ausdrücklich vorbehaltenen Rückausnahme entgegen L/R-Lüderssen, § 138a StPO, Rdnr. 94 kein Hinweis auf eine „allgemeine Meinung“, die Prozeßsabotage nicht als Ausschließungsgrund anerkenne.
52 OLG Hamburg, Beschl. v. 17.11.1997 (2 Ws 255/97) unter 2 a aa.
53 OLG Koblenz, NStZ 1992, 146 (147).
54 Daß die Verteidigerin trotzdem nicht verurteilt wurde, hing mit der Besonderheit zusammen, daß sie „jegliche Kenntnis prozessualer Grundsätze“ vermissen ließ.
55 S/S-Stree, § 258 StGB, Rdnr. 20.
56 Scheffler, JR 1993, 170 (173); ders., StV 1993, 470 f.
57 Knapp, AnwBl. 1975, 373 (377); Parigger (o. Fn. 48), S. 208.
58 Beulke, Verteidiger im Strafverfahren, Frankfurt 1980, S. 153.
59 Ulsenheimer, GA 1975, 103 (118); Brei (o. Fn. 21), S. 309.
60 Beulke (o. Fn. 58).
61 Ulsenheimer, GA 1975, 103 (118); Donus (o. Fn. 20), S. 133. Nach Knapp (o.
Fn. 57) sollen sogar unzulässige Ablehnungsgesuche ausreichen.
62 Dahs, NJW 1975, 1385 (1390).
63 Krekeler, NStZ 1989, 146 (151); Lamberti (o. Fn. 27), S. 177.
64 Tröndle, 48. A., § 258 StGB, Rdnr. 7; Beulke (o. Fn. 22), Rdnr. 102.
65 BVerfGE 81, 278 (293) sowie E 77, 240 (255); Sachs, JuS 1995, 984 (986).
Auch BGHSt 40, 211 (217) bezeichnet »funktionstüchtige Strafrechtspflege«
nunmehr zu recht als »begrifflich unscharfes Verfassungsprinzip«.
66 Überzeugend daher BVerfG, NStZ 1997, 35 m. abl. Anm. Foth.
67 Beling, in: VDB, (Hrsg.) K. Birkmeyer u.a., Bd. 7, Berlin 1907, S. 208. Zu- stimmend auch Samson, JA 1982, 181 (182).
68 BT-Drucks. 7/2526, S. 31.
69 So vor allem der damalige BMJ Vogel, BT-Prot. 7/8229; ders., NJW 1978,
1217 (1223) und die Stellungnahme der BReg., BT-Drucks. 7/3649, S. 9.
70 Ausschußbericht der Abg. Gnädiger und Kunz, BT-Drucks. 7/2989, S. 4 f.
71 Vgl. BT-Drucks. 7/2526, S. 31; CDU/CSU-Entwurf eines Gesetzes zum Schutz der Rechtspflege, BT-Drucks. 7/3116, S. 5 sowie BRats-Drucks. 90/75, S. 6.
72 Lüderssen (o. Fn. 51); SKStGB-Samson, § 258 StGB, Rdnr. 29c; Seelmann, NJW 1979, 1128 (1131).
73 BVerfGE 51, 97 (110); S/S-Eser, § 1 StGB, Rdnr. 46.
74 KMR-Sax, Einl. IV, Rdnr. 29; Ulsenheimer, GA 1975, 103 (118); Knapp (o.
Fn. 57).
75 SKStGB-Rudolphi, vor § 1 StGB, Rdnr. 57; LK-Jescheck, 11. A., vor § 13
StGB, Rdnr. 64; Vormbaum (o. Fn. 33), S. 429.
76 Beling, ReichstrafprozeßR, Berlin/Leipzig 1928, § 38 III (S. 149 f. mit Fn. 3).
77 BGHSt 38, 345 (350 f.).
78 Gerade darin sieht die Rechtsprechung den Grund, warum die Nichtanrufung des Gerichts (§ 238 II StPO) zum Rügeverlust führen soll, vgl. BGHSt 1, 322 (325), 38, 260 (261); BGH, NStZ 1992, 346.
79 BGHSt 25, 55 f.
80 Wie hier Fischer, NStZ 1997, 212 (216); Kempf, StV 1996, 507 (510); Barton, StV 1995, 290; R. Hamm, NJW 1993, 289 (296). A.A. OLG Hamburg (o. Fn.
52); Kröpil, ZRP 1997, 9 (10); Niemöller, StV 1996, 501 (505); Basdorf, StV
1995, 310 (316).
81 Hassemer, in: Beck’sches Formularbuch, (Hrsg.) Hamm/Lohberger, 2. A. (1992), S. 18 f.; Krekeler, NStZ 1989, 146 (152); Mehle, FS-Koch (1989), 179 (187); Heinicke, Der Beschuldigte und sein Verteidiger, München 1984, S. 506 f.; Verf. (o. Fn. 6), S. 371 ff.
82 Dazu auch Verf., Rechtstheorie 27 (1996), 65 (77).
83 Seelmann (o. Fn. 72).