Post by herbert meiser on Jul 29, 2009 10:44:41 GMT -5
Auslobungs-Betrug im Einzelhandel: Verstecken von Lebensmitteln zu betrügerischen Zwecken von Prof. Dr. Hans Kudlich, original erschienen in: JA 2009 Heft 6, 467 - 469
Urteil des OLG-München
Vorliegen eines Betruges i.R.v. Verstecken noch nicht abgelaufener Lebensmittel zum Erhalt einer ausgelobten Prämie - Vorliegen einer Täuschung durch konkludentes Handeln durch Verschweigen einer Manipulation - Vorliegen einer Geschäftsgrundlage für die Gewährung einer Belohnung
Gericht: OLG München
Datum: 28.01.2009
Aktenzeichen: 5 St RR 012/09
Rechtsgrundlagen: § 657 BGB, § 263 StGB, § 349 Abs. 2 StPO Entscheidungsform: Beschluss
Amtlicher Leitsatz:
Wer Lebensmittel mit noch nicht abgelaufenem Haltbarkeitsdatum versteckt und diese nach Ablauf des Haltbarkeitsdatums vorlegt, um eine ausgelobte Prämie zu erhalten, täuscht im Rahmen des Betrugs konkludent darüber, dass er ein abgelaufenes Produkt gefunden hat, das der Kontrolle des Geschäftspersonals entgangen ist.
Sachverhalt
Das Amtsgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Betrugs verurteilt. Der Verurteilung lag zugrunde, dass der Angeklagte am 23. Januar 2008 in einem Geschäft einen Becher Buttermilch mit Ablaufdatum 23. Januar 2008 hinter anderen Waren versteckte, um am nächsten Tag unter Übergabe dieser Buttermilch an der Information die für das Auffinden und Abgeben abgelaufener Lebensmittel ausgelobte Prämie von 2,50 EUR zu verlangen. Zur Auszahlung der Prämie kam es jedoch nicht, da der Angeklagte bei seinem Tun an beiden Tagen vom Marktleiter beobachtet worden war. Die Revision hatte mit der Sachrüge keinen Erfolg.
Aus den Gründen
Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revision hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).
Zur Begründung wird auf die Stellungnahme der Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Antragsschrift vom 8. Januar 2009 Bezug genommen.
Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass der Angeklagte dadurch, dass er die ausgelobte Prämie forderte, konkludent behauptet hat, deren Voraussetzungen nicht durch vorausgegangene Manipulation erzielt zu haben. In dem Verschweigen der Manipulation liegt eine Täuschung durch konkludentes Handeln.
Ein Vorspiegeln durch konkludentes Verhalten ist gegeben, wenn der Täter die Unwahrheit zwar nicht expressis verbis zum Ausdruck bringt, wohl aber durch sein Verhalten miterklärt (Cramer in Schönke-Schröder StGB 27. Aufl. § 263 Rn. 14/15). Entscheidend ist, welcher Erklärungswert dem Gesamtverhalten des Täters nach der Verkehrsanschauung unter Berücksichtigung des konkret in Frage stehenden Geschäftstyps zukommt. Gegenstand von konkludenten Behauptungen können auch Negativtatsachen sein, also die Behauptung, ein bestimmter tatsächlicher Umstand sei nicht gegeben. Hierunter fallen insbesondere die Fälle, in denen die Ordnungsmäßigkeit einer vom Erklärungsempfänger unterstellten "Geschäftsgrundlage" durch konkludentes Tun vorgetäuscht wird, so durch unvollständige Erklärungen über manipulierte Bezugsobjekte (Fischer StGB 56. Aufl. § 263 Rn. 12).
So liegt der Fall hier. Die Auslobung einer Belohnung ist ein einseitiges Rechtsgeschäft, § 657 BGB. Ziel ist der Ansporn einer unbestimmten Personenmehrheit zu einem bestimmten Verhalten. Welches Verhalten Gegenstand der Auslobung ist, ist durch Auslegung unter Berücksichtigung des Verständnisses der angesprochenen Öffentlichkeit zu ermitteln (Palandt Bürgerliches Gesetzbuch 68. Auflage § 657 Rn. 4).
Dieses erwartete Verhalten stellt die Geschäftsgrundlage für die Gewährung der Belohnung dar. Gegenstand des konkludent Behaupteten sind dann die tatsächlichen Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, damit die ausdrückliche Erklärung den ihrem jeweiligen Zweck entsprechenden Inhalt hat (NK-Kindhäuser StGB 2. Aufl. § 263 Rn. 114).
Die Geschädigte hat ihren Kunden eine Prämie ausgelobt, wenn sie Ware im Regal finden und abgeben, deren Mindesthaltbarkeitsdatum abgelaufen ist. Damit will sie offensichtlich ihren Kunden signalisieren, dass sie sich in besonderer Weise bemüht, den Kunden nur "frische" Ware zu verkaufen und im Falle eines nicht auszuschließenden Kontrollfehlers den Kunden einen Anreiz zur Mithilfe bieten, um diesem Ziel zum größtmöglichen Erfolg zu verhelfen. Wenn der Kunde ein abgelaufenes Produkt abgibt und gleichzeitig die ausgelobte Prämie hierfür verlangt, behauptet er damit konkludent, dass der Zweck der Auslobung erfüllt ist und er ein abgelaufenes Produkt gefunden hat, das der Kontrolle der Verkäufer entgangen ist. Das Angebot der Geschädigten bezieht sich dabei nach dem Zweck der Auslobung in erster Linie auf den Fall, dass sich das Produkt an der Stelle befindet, wo es normalerweise einsortiert ist, weil sich auch die Kontrolle des Haltbarkeitsdatums auf diesen Bereich konzentriert. Ob die Auslobung nach ihrem Zweck auch den Fall erfasst, dass ein Kunde ohne vorherige Manipulation zu eigenen Gunsten ein abgelaufenes Produkt an einer anderen Stelle findet, kann vorliegend dahinstehen. Denn jedenfalls ist mit dem Zweck der Auslobung ein Verhalten, das durch Manipulation bewusst Fehler der Kontrollen herbeiführt, um die Prämie zu erzielen, offensichtlich nicht zu vereinbaren. Das Verschweigen der vorausgegangenen Manipulation stellt somit eine konkludente Täuschung über die Veränderung der Geschäftsgrundlage durch eine rechtswidrige Manipulation dar (vgl. dazu auch BGH NStZ 2007, 151/152).
Kosten: § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO.